Von Wildhunden verfolgt: Der Weg ist das Ziel

Eine Story von Sven Kiesser
03.06.2024

In dieser Story

2023 hatte ich die Gelegenheit eine Woche auf Bora Bora zu verbringen, einer kleinen Insel zu Französisch-Polynesien gehörend, mitten in Pazifik. Die Insel ist bekannt für ihre weißen Strände und türkisblaue Lagune. Da es mir zu langweilig war, dies liegend an einem Sandstrand zu fotografieren, wollte ich gerne ins Landesinnere gehen bzw. auf einen größeren Hügel, damit man nicht nur die türkisblaue Lagune unter sich sieht, sondern als Kontrast auch noch die saftig grüne Vegetation.

Eine Google-Suche zeigte einen geeigneten Hügel (ca. 100hm) in ca. 5km Entfernung von meiner Unterkunft. Die Beschreibung zur Erhöhung liest sich dabei eher wie folgt, da es auf der Insel eigentlich keine offiziell ausgeschilderten Wanderwege gibt: “Der Hauptstraße bis zu einem grünen Transformatorhäuschen folgen, anschließend die Tsunami-Evakuierungsroute nutzen und den Stromleitungen bis zu den TV-Antennen auf den Hügel folgen”. In der Praxis hat dies für mich bedeutet ein altes, klapperndes Fahrrad mit 1-Gang-Schaltung auszuleihen und der Hauptstraße folgen. Der Verteilerkasten war schnell gefunden und die Stromleitungen haben sich als erstaunlich hilfreich erwiesen, da der Weg nicht beschildert war und sehr überwuchert. Zum Glück hatte ich Trail-Running-Schuhe dabei, da es durch die fast täglichen kurzen, aber starken Regenfälle, sehr rutschig war. Auch das tropische Klima mit der extremen Luftfeuchtigkeit machen eine Wanderung sehr anstrengend.

Oben angekommen, die große Enttäuschung; die Sonne war bereits hinter einer Wolkendecke und die so berühmte Lagune sah alles andere als türkisblau aus. Einige Zeit darauf gewartet, dass sich die Sonne doch noch zeigt, aber leider nicht. Dabei gelernt, dass auch eine Insel wie Bora Bora ohne richtiges Licht recht grau und langweilig aussehen kann.

Am nächsten Tag den zweiten Versuch unternommen. Wieder die gleiche Route, erst Fahrrad, dann Aufstieg durchs Unterholz in tropischer Umgebung. Wieder die Enttäuschung, zu spät dran, die Sonne stand bereits zu tief. Also spontan beschlossen den Sonnenuntergang abzuwarten, welcher in meinen Augen einige schöne Panoramafotos ermöglicht hat. Jeder der schonmal einen Sonnenuntergang nahe des Äquators erlebt hat, weiß, dass es danach sehr schnell dunkel wird. Der Abstieg mit Stirnlampe im Dunkeln war dabei kein Problem. Recht problematisch wurde es dann allerdings mit den Wildhunden. Bora Bora hat auf der ganzen Insel verteilt einige freilaufende Hunde. Tagsüber sind diese kein Problem, da diese vollkommen erschöpft rumliegen und versuchen sich von der Sonne zu verstecken. Nachts werden diese allerdings aktiv und gehen auf Nahrungssuche. Deshalb hört man es die ganze Nacht durch immer wieder laut bellen. Leider sind einige Wildhunde plötzlich bei meinem Abstieg aufgetaucht und haben laut kläffend angefangen mich zu verfolgen. In solch einer Situation fällt es wirklich schwer ruhig zu bleiben und nicht anzufangen schneller zu laufen oder gar zu rennen. Als die Hunde immer aufdringlicher wurden, habe ich sicherheitshalber einen Stock vom Unterholz aufgehoben und versucht ruhig weiterzugehen. Zum Glück war ich nur noch ~5 Minuten von den ersten Häusern an der Küste entfernt und einige Minuten später hat mir ein Einheimischer freundlicherweise geholfen. Die Hunde haben schließlich wieder Abstand genommen. Puh.

Mein türkisblaues Foto von der Lagune hatte ich zu diesem Zeitpunkt immer noch nicht. Also am nächsten Tag, diesmal am Vormittag, den dritten Versuch unternommen. Wieder der gleicher Weg und zum Glück ohne Hunde. 🙂 Oben angekommen, gemerkt, dass der Zeitpunkt perfekt ist und endlich die türkisblaue Lagune mit der saftig grünen Vegetation gesehen. Den Anblick genossen, aber auch gemerkt, dass dies nicht die besten Bilder werden. Auch wenn das Meer wirklich toll aussah. Später festgestellt, dass es an anderen Stellen auf der Insel bessere Orte zum Fotografieren gibt. Das Bild den Sonnenuntergangs vom zweiten Versuch finde ich viel interessanter und hängt mittlerweile ausgedruckt bei mir in der Wohnung.

Mittlerweile habe ich auch gemerkt, dass es oft gar nicht die “Zielfotos” sind oder das Fokussieren darauf, welche die besten Fotos ermöglichen, sondern oft die unerwarteten Situationen oder der Zufall: Gutes Wetter ist zwar schön, aber viel cooler ist eine dramatische Wolkenstimmung. Inzwischen bin ich auch ein großer Fan davon zu konkreten Orten mit Fahrrad oder öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren und von dort aus recht zufällig zurückzulaufen. Auf diesen Wegen entdeckt man oft viel mehr interessante Dinge und in der Regel ist deutlich weniger los. Der Weg ist das Ziel.

 

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Autor:in
Sven Kiesser
Softwareentwickler aus Karlsruhe
Landschaftsfotografie und Architektur: Berge, Meer, Wälder, Städte.
Landschaftsfotografie und Architektur: Berge, Meer, Wälder, Städte.

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