Ein langer Weg mit Hindernissen zur Fata Morgana

Eine Story von Sven Hollaus
04.05.2023

In dieser Story

die Planung und der Start der Wanderung

Auszeit von Arbeit und Familie, ja manchmal muss das sein. Einfach nur die Natur genießen und das Bild, welches im Kopf schon feststand mit nach Haus zu bringen.
So war der Plan an diesem Juli Wochenende im letzten Jahr. Ich fuhr also schon am frühen Nachmittag an einem Freitag los in Richtung Allgäu. Bereits lange im Vorfeld wollte an diesem märchenhaften Hochgebirgssee in den Allgäuer Alpen meine Bilder verwirklichen. Ich habe viele Videos auch zum Aufstieg mir angesehen und irgendwie sah das alles ganz locker machbar aus. In Bad Hindelang habe ich meinen Camper an einem dafür vorgesehenen Stellplatz platziert, da wild parken über Nacht gefühlt überall in den Alpen verboten ist. Gut das waren dann nochmals ein paar Kilometer mehr Fußmarsch, aber ich hatte es ja nicht eilig. Abends beim Glas Bier habe ich in Komoot meine Route geplant und die “Komoot-Tante” meinte 4 1/2 Stunden und ich bin dort. Hört sich doch super an (mir war zu diesem Zeitpunkt noch nicht klar, dass es sich dabei um reine Marschierzeit ohne Pausen, etc. handelt und dass die Voraussetzung “geübter Wanderer” war). Also bin ich gegen 10 Uhr am Samstag losmarschiert. Plan war 16 Uhr oben zu sein um genügend Zeit für das Spot – Scouting zu haben und meine Lieblingsplätz zu finden.

Die Herausforderungen auf dem Weg zum Schrecksee

Auf dem Weg dort hin noch einen schönen Wasserfall in die Route eingeplant und mir dafür auch ordentlich Zeit gelassen. Ab da wurde der Weg aber zunehmend anspruchsvoller. An der Willersalpe bin ich mit schon gut spürbaren Oberschenkeln eingekehrt und gönnte mir eine Pause. Da war es bereits 13 Uhr und ich war immer noch der Meinung, bis 17 Uhr schaff ich das zum Schrecksee.
Als ich dort so saß, kam vom Berg herab ein einsamer Wanderer, der sich zu mir an den Tisch setzte. Sehr schnell stellte sich heraus, dass es sich bei dem Wanderer um einen Gleichgesinnten handelte und die selbe Leidenschaft für Landschaftsfotografie hatte. Wir hatten Kameras des selben Hersteller und wir fachsimpelten über Fotoequipment, Einstellungen und Insta. Ich habe dabei komplett die Zeit vergessen und als er mich fragte, wohin ich wollte meinte er noch, da hast aber noch ordentlich was vor. Jetzt weiß ich auch was er damit meinte.

Naja, schnell noch die Trinkflasche mit Wasser gefüllt und weiter ging. Der kommende Anstieg brachte mich dann schon an meine Grenzen, denn auch mein Rucksack mit damals noch fast 25 kg half mir nicht unbedingt wie eine Gams den Jubiläumsweg zu besteigen.
Oben endlich angekommen erinnerte ich mich an die Worte meines neuen Foto-Freundes: “Geh ja nicht übers Rauhorn, das schaffst du nicht mit deinem Gepäck!” Also Rauhhorn umrunden, soll ja einem Spaziergang gleichkommen und Erholung für meine geschundenen Beine war nun wirklich nötig: Aber nicht nur die Beine waren geschunden, auch meine Schultern! Denn wenn man zu doof ist seinen Foto-/Wanderrucksack richtig einzustellen, dann nutzt einem das beste Tragesystem nicht, sondern es gibt geschwollene Wülste auf den Schultern.

Also weiter ums Rauhhorn. Erst mal Abstieg (Hurra, alles was man jetzt runter läuft, muss ich ja auch wieder rauf). Irgendwann kam ich an ein Schneebrett über das ich rüber musste. Ich sah eineige Fußspuren und hab mal ordentlich drauf getreten um zu prüfen, ob es mich hält! Sah gut aus und ich ging weiter. Auf einmal brach mein linkes Bein durch, das recht blieb an der Oberfläche und wurde unweigerlich im rechten Winkel abgespreizt. Die Folge Zerrung im rechten Oberschenkel und Krampf in der linken Wade. So! Das war dann der Zeitpunkt an dem ich mir zugestehen musste, dass diese Tour allein keine gute Idee war. Ich malte mir nun aus, solange mein Bein noch im kalten Schnee steckte, dass ich nun die Bergwacht anrufen sollte, um ihr mitzuteilen dass ich einer der ungeübten Wanderer bin, der sich maßlos überschätzt hat, nun sich in einer äußerst misslichen Lage befindet und bestenfalls abgeholt werden sollte!!! nicht so wirklich mein Ding, denn wenn das meine Frau mitbekommt, dann kann ich die nächste zeit nicht mehr alleine los.

Also konnte ich mich doch mit eigener Kraft befreien, hab mich ein paar mal geschüttelt, alles geprüft und konnte, wenn auch unter Schmerzen weiter laufen. Nun ging es also wieder bergauf und die umherstreunenden Murmeltiere hielten ein Quitschkonzert ab. Leider hatte ich keine Zeit mehr meine Kamera zu zücke und von den schönen Tierchen ein Bild zu schießen, denn nun war es bereits ca. 18 Uhr. Der Plan war ja zum Sonnenuntergang am Schrecksee zu shooten.

Oben angekommen lief mir dann eine Gruppe Schafe über den Weg, die mich offensichtlich sehr interessant fanden. Oder sie genossen einfach mir das Salz von den Beinen zu schlecken. Ziegen hätte ich aber nun wirklich nicht auf knapp 2000m erwartet. Nun hatte ich also den See vor mir und ich freute mich hier noch Bilder zu schießen. Allerdings war ich nicht mehr bereit um den See großartig umherzulaufen um einen besonderen Spot zu finden. Sondern ich lief noch auf gleicher höhenlage um den See un blieb einfach an einer Stelle stehen. Legte alles ab und schwor mir keinen Schritt mehr zu gehen. Ich genoß noch eine Pulle Bier, die dort raufgeschleppt hatte und dann war es auch schon soweit mit dem Sonnenuntergang. Vor lauter Schmerzen und Müdigkeit schoß ich genau 10 Bilder um mich wieder zu setzen und meine 2. Flasche Bier zu trinken. Denn eigentlich wollte ich ja hier oben nächtigen und noch die Milchstraße mitnehmen.

Der Abstieg und die unvergessliche Erfahrung

Aber es kam anders, Wolken zogen rein und kamen runter. Ich machte mir darüber Gedanken, was ich wohl morgen für einen Muskelkater haben werde und dass es vielleicht doch noch sinnvoller wäre sofort abzusteigen. Vor dem Hintergrund dass es mit der Milchstraße auch nichts werden wird, entschied ich mich gegen 10 Uhr abzusteigen. Nichtsahnend dass auch der Abstieg kein Spaziergang werden wird machte ich mich auf den Weg. Es ging als gefühlt im 90 Grad Winkel den Berg hinab und der abstieg wollte nicht mehr enden. Irgendwann kurz vor dem Wasserkraftwerk lief ich dann über eine Wiese die übersäht war von ruhenden Kühen. Ich hoffte nur, dass sie mich in Ruhe lassen. Und plötzlich hörte ich die Glocken hinter mir läuten. Zwei Kühe fanden wohl meine rote Stirnlampe interessant und nahmen die Verfolgung auf. Zum Glück nahte ein rettender Bach, der nur über 2 Baumstämme überwunden werden konnte. Hier konnten sie mir nicht folgen.

Nach ca. einer weiteren halben Stunde erreichte ich dann gegen 2 Uhr nachts das Kraftwerk Auele. Ein paar Metern bot sich wieder die Gelegenheit meine Wasserflasche an einem Brunnen zu füllen. Und dann türmte sich die FataMorgana vor mir auf, ich konnte es nicht fassen. Aber in einiger Entfernung entdeckte ich ein Licht und ich konnte es nicht glauben, aber es sah aus wie ein Getränkeautomat. Und je näher ich kam bestätigte sich immer mehr meine Vermutung, dass es sich bei dem Licht um einen Getränkeautomat handelt. Ich kam endlich dort an und traute meinen Augen nicht. Nach wunderschönen Samstag war das Bierfach noch nicht leer!!! Das Wasser lief mir im Mund zusammen und ich lechzte nach einem kühlen Blonden, beim Blick auf den Preis “3,00 Euro” hatte ich schon eine leise Vorahnung, dass mein Kleingeld nicht reichen könnte. Die bestätigte sich leider beim Blick in meinen Geldbeutel. Hier befanden sich leider nur noch 2,80 Euro!!!!! Mein Blick entgleiste, alle Muskeln, die irgendwie noch aktiv waren erstarrten, aber es half nichts. Das kühle Blonde war unerreichbar und somit ließ ich meinen Blick wieder auf den Automaten fallen, was denn noch so in seinem Inneren sei. Ich entdeckte eine Apfelschorle, und, 2,50 Euro….. Juhu ich bekomm doch noch ein kühles Getränk. Und was soll ich sagen, es war eine Apfelschorle, so lecker wie ich nie zuvor und niemals wieder eine getrunken habe. Aber zu diesem Zeitpunkt 02.30 Uhr in diesem Zustand, in dem ich mich befand…. war es der Himmel auf Erden….;-)

Am Ende doch ein Bierchen

Ich hatte wieder Energie und lief noch die letzten Kilometer zu meinem Camper in Bad Hindelang an dem dich dann gegen 4 Uhr in der Früh ankam. Hier öffnete ich mir dann noch das ersehnte Bierchen um nach 2 Schlücken auf dem Beifahrersitz meines Campers einzuschlafen.

Für alle, die jetzt noch da sind. Für mich ist dieses Bild etwas ganz Besonderes. Der Weg zu dem Bild werde ich meine Leben nicht vergessen und sicherlich des Öfteren noch erzählen.

Autor:in
Sven Hollaus
Bauingenieur aus Nürnberg
Begeisterter Landschaftsfotograf, ehrliche Haut mit Ecken und Kanten. Mein Lebensmotto: Ich muss nicht jedem Gefallen!!!
Begeisterter Landschaftsfotograf, ehrliche Haut mit Ecken und Kanten. Mein Lebensmotto: Ich muss nicht jedem Gefallen!!!

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