Der Red Canyon von Österreich
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Es begann 2017 beim Stöbern auf Instagram. Auf einem englischsprachigen Kanal eines Landschaftsfotografen sah ich diese Bild und wusste da will ich auch mal zum fotografieren hin. Eine kurze Recherche in den Kommentaren und bei Google ergab das er in Österreich liegt und auch schon mehrfach abgelichtet wurde. Aber die sonst übliche Suche nach weiteren Details ergab nichts genaueres, sodass ich das Thema erst einmal aus den Augen verlor.
Dann kam das Jahr 2020, wir waren noch in Elternzeit, und es sollte im August für zwei Wochen nach Berchtesgaden gehen. Ich machte also das was jeder Fotograf vor einem Urlaub wohl tut: Genau! Ich suchte nach Fotospots in der Nähe des Zielortes die sich mit der Familie vereinbaren lassen. In meiner Google Maps Liste mit Fotospots tauchte nun wieder der Red Canyon auf. Ok dachte ich jetzt wird weiter gesucht bis ich weis wo ich da hin muss.
Ich stieß auf andere Fotografen die Touren ins Tauglgries anboten. Auch von einem Besuch des Red Canyon war da die Rede. Prima dachte ich, da ist Berchtesgaden nicht weit, das sollte machbar sein. Dann aber beim Foto Kollegen nachfragen wo der Canyon genau sei kam für mich nicht in Frage. Schließlich verdient er sein Geld damit und würde das sicherlich nicht einfach so verraten. Außerdem wollte ich den Canyon alleine finden.
Ich suchte also bei Google Maps das Tauglgries ab um weitere Hinweise zu finden. Ich fand Bilder von Wanderungen in der Tauglklamm und dachte mir hier bin ich sicherlich schon ganz in der Nähe. Dann kam mir die Überlegung das das Wasser im Canyon in Richtung des Fotografen fließt und der Canyon an dieser Stelle eine Sackgasse zu sein scheint.
Ich suchte also einen Seitenarm der Taugl. Die Tatsache das es in der Gegend um die Tauglklamm sehr wenige Straßen gibt ließ in mir das Gefühl hochkommen das das Ganze funktionieren könnte. Der Plan war die Straßen auf und ab zu fahren und nach einem Seitenarm der Taugl zu suchen der ein ähnliches, rötliches Gestein wie der Canyon aufweist.
Der Urlaub nahte und die Vorbereitungen begannen. Ich hatte mir in weiser Voraussicht noch eine Wathose aus Neopren besorgt, wer weis wie hoch das Wasser noch im August steht oder ob es vorher regnen würde.
Die erste Suche im Tauglgries
Die Familie war für einen Tag anderweitig beschäftigt und ich konnte nun den ganzen Tag meinem Hobby frönen. Nach kurzer Fahrt kam ich auch schon Bad Vigaun an. Die Straßen wurden kleiner, enger und schließlich einspurig. Als noch das Mobilfunknetz versagte und die Navi App sich hin und wieder im Kreis drehte stieg in mir die Aufregung und das Jagdfieber packte mich. Nach unzähligen Kurven und einigen Passagen im Rückwärtsgang (um den Gegenverkehr durchzulassen) fand ich eine Stelle zum parken.
Ich stieg aus und lief erst einmal so zur Taugl um zu mir einen Überblick zu verschaffen. Ich sah aber nur grauen Kalkgestein wie schon zuvor in Bad Vigaun. Keine rötlichen Felsen oder wenigstens Spuren auf diese Gesteinsschicht. Also wieder ins Auto zurück und weitersuchen. Ich konnte mich hier nur noch auf mein Glück verlassen. Noch einmal schnell was im Internet suchen ging ja nicht.
Einige Kilometer weiter fand ich wieder einen Platz zum parken. Hier wurde ich zumindest fündig was die Farbe der Gesteinsschichten betraf. Leicht dunkelrot über orange bis hin zu braun zog sich diese Schicht durch die Taugl. Vom Parkplatz kommt man leicht ins Flussbett und so begann ich meine Sachen zu packen und die Gegend zu erkunden. Der Wasserstand war nicht sehr hoch und so entschied ich mich, auch aufgrund der sommerlichen Temperaturen, die Wathose im Auto zu lassen.
Ich stieg in den Taugl hinab und lief in Richtung der Gesteinsschicht die ich von der Straße aus gesehen hatte. Nach einigen Biegungen und tieferen Stellen stand ich teilweise schon bis zur Hüfte im kalten Gebirgswasser und verfluchte meine zurückgelassene Wathose. Aber von der hellorangen Gesteinsschicht war nichts zu sehen. Im Gegenteil, das Gestein wich wieder grauem Kalkstein. Hier werde ich nichts finden dachte ich. Auch etwas Flussaufwärts verschwand diese Gesteinsschicht wieder und ging in eine andere über. Mittlerweile war es schon 17:00 Uhr und ich wußte das ich noch knapp zwei Stunden zurück fahren muss. Also entschied ich mich zumindest ein paar Bilder zu machen um nicht ganz ohne Ergebnis heim zu kommen.
Auf dem Heimweg überlegt ich mir wie ich die Suche noch gestalten könnte. Was hatte ich übersehen? Wo könnte ich noch suchen?
Nach dieser Niederlage konnte ich meine Familie schnell überzeugen das ich noch einen Tag brauche um mein Ziel zu erreichen. Es folgte ein weiterer Abend mit Recherche im Netz.
In einem Geologie – Forum stieß ich auf die Aussage das diese rötlich, orangefarbene Gesteinsschicht nur an dieser Stelle von der Taugl mehr oder minder freigelegt wurde. Flussauf- und Flussabwärts gibt es in der näheren Umgebung keine weiteren Stellen mit dieser Geologischen Formation. Auch schrieb ein Nutzer von unzähligen Seitenarmen der Taugl die zum Teil eine sehr hohe Ähnlichkeit mit dem Red Canyon in den USA haben.
Da war er. Mein Moment der Erleuchtung! Ich bin an der richtigen Stelle gewesen. Allerdings habe ich Trottel nicht nach weiteren Seitenarmen gesucht. Den Fakt das mein Zielfoto in einem Seitenarm liegen muss hatte ich völlig ausgeblendet und nicht mehr im Kopf gehabt.
Der zweite Versuch mit Verstärkung
Also ging es zwei Tage später wieder zur Taugl. Diesmal bin ich direkt und ohne Umschweife zur engen, kleinen einspurigen Straße in der Tauglklamm gefahren als ich zu meiner Verwunderung auf eine Straßensperrung stieß. Die Fahrbahn wurde repariert und niemand wußte wie lange das dauert. Alter Schwede dachte ich, sollte doch alles umsonst gewesen sein?
Am Rand der Sperrung, auf einem kleinen Parkplatz stand ein weißer Peugeot Kastenwagen. Ich dachte mir na wenn hier selbst der Paketdienst wartet dann sollte das nicht allzu lange dauern. Der Fahrer des Peugeots kam nach einer Weile zu mir und fragt wo ich den hin wolle. Ich antwortete das ich den Red Canyon in der Tauglklamm suchen und ihn fotografieren will. Ohne eine Antwort zu erwarten war ich überrascht als er sich mit dem Namen Josef vorstellte und sagte das er ebenfalls seit zwei Tagen diesen Canyon suche.
Ich war baff. Jetzt sind wir zu zweit und jetzt muss es gelingen dachte ich mir.
Eine kurze Rückfrage bei den Bauarbeitern ergab das es nur noch 15 Minuten dauern würde. Da sagte Josef zu mir „Na gut, dann mach ich das Nudelwasser wieder aus und komme mit dir“. Ich war verdutzt. Er ging wieder zu seinem Auto. Der weiße Kastenwagen war sein selbst aufgebautes Wohnmobil. Und damit zog er quer durch Europa.
Wir sprachen eine Weile über unser gemeinsames Hobby und unsere Familien. Dann über meine Recherchen im Vorfeld, dass ich vor einigen Tagen schon einmal hier war und das Gefühl habe ganz nah dran zu sein.
Die Zeit verging wie im Flug und nach kurzer Zeit war die Straße wieder frei. Ich wusste wo wir hin mussten also folgte Josef mir. Angekommen machten wir unsere Ausrüstung bereit. Die Wathose zog ich diesmal an, ich wollte nicht wieder bis zum Hintern im kalten Wasser stehen. Auch Josef war auf alles vorbereitet. Es ging los.
Wir gingen an der gleichen Stelle wie ich Tage zuvor ins Wasser. Ich zeigte Josef die Stelle an der ich wieder umkehren musste. Wir sahen uns um. Unser Ziel muss ganz nah sein sagte ich zu mir. Etwas entfernt zeigte Josef auf einen Seitenarm der durch eine Unterführung fließt. „Ok“ sagte ich zu ihm „hier gehen wir als Erstes rein“. Das Flussbett schlängelte sich eine Weile, sodass man nicht erahnen konnte wie weit es noch geht. Flache Stellen wechselten sich mit tiefen Stellen ab. Ich war diesmal froh die Wathose angezogen zu haben. Die Farbe des Gestein wurde ockerfarben fast rötlich. Immer wieder muss man samt Ausrüstung durch ausgewaschene tiefe Pools waten. Mein kleines Fotografen Herz schlug schnell und ich hielt die Anspannung kaum aus. Josef ging voran und rief mir plötzlich zu das wir es fast geschafft haben. Wir sind da.
Wir alle kennen den Eindruck wenn man ein Foto mit der Realität vergleicht. Meist ist die reale Umgebung unscheinbarer als man es sich im Vorfeld ausgemalt hat oder wie man es auf Bildern gesehen hat. Hier war es nicht so. Die Red Canyon ist auch vor Ort umwerfend. Der Tag als Ganzes, mit diesem Ort als Ziel, ließen mich übers ganze Gesicht grinsen.
Routiniert bauten wir schnell unsere Ausrüstung auf. Es war schon etwa 11:00 Uhr und die Sonne Stand schon ziemlich hoch am Himmel. Trotz der vielen Bäume schien sie in die tiefe Schlucht hinein.
Der Dynamik Umfang war immens hoch. Josef packte seine Fuji GFX 50S aus, ich meine Nikon D5600. Ab dann war jeder in seinem eigenen Fotografie-Tunnel. Die Devise war: mach so schnell wie möglich, so viele Bilder wie du kannst eh die Sonne dich zu Belichtungsreihen zwingt. Ich wusste das ich die Bilder mit 1-2 Sekunden Belichtung haben will um noch das fließen des Wassers zu zeigen. Ausgebrannte Stellen auf dem Wasser würde ich selbst mit einer zweiten oder dritten Unterbelichtung nie und nimmer sauber in PS überblenden können. Aber wir haben trotzdem einige Reihen erstellt, sicher ist sicher ;-). Als Objektiv kam bei nur mein Sigma 10-20 f/3.5 in Frage. Darauf noch ein Polfilter und ein 100mm ND Filter. Leider hatten wir keine Zeit für großes Ausprobieren mit verschiednen ND Filtern, Blenden und Verschlusszeiten. Es musste so gehen.
Nach einer Weile, die mir wie Minuten vorkam, waren wir mit allen Einstellungen durch und fingen an zusammenzupacken. Der Rückweg ging schneller als gedacht und so waren wir in Kürze wieder am Parkplatz.
Völlig verschwitzt aber glücklich versuchte ich nun die Neopren Hose von meinem Körper zu bekommen. „Tja was ziehst du auch bei 35 Grad im Schatten eine Neopren Hose an“ dachte ich mir. Mein T-Shirt konnte ich auswinden.
Als ich wieder trockene Sachen anhatte setzten wir uns noch ein wenig an Josefs Camper. Wir quatschten über dies und das und er bot mir ein Stück Wiener Sacher-Torte an. Von seiner Frau selbst gebacken. Und ich muss sagen jede weitere Sacher Torte in meinem Leben wird sich dem Vergleich mit diesem Stück stellen müssen.
Ich blieb noch eine Weile und wir sprachen über seine Fotoreise durch Kuba. Nun war es auch schon Nachmittag und wir verabschiedeten uns voneinander und tauschten noch schnell die Instagram Profile aus. Josef wollte die nächsten Tage noch ein wenig in der Gegend verbringen und weiter fotografieren. Für mich stand nun die Heimfahrt an.
Als ich am Abend beim Bier am Laptop saß und die Bilder durchsah freute ich mich es geschafft zu haben und nun mein Zielfoto vor mir zu haben.
Danke fürs lesen und seht es mir nach das ich keine genauen Koordinaten angebe. Die Tauglklamm ist sehr eng und der Spot ist nicht für viele Menschen gleichzeitig geeignet. Bedenk auch das im Frühjahr und nach großen Regenfällen der Wasserstand der Taugl schnell ansteigen kann. Achtet auf eure Sicherheit.
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