Die schnellste Art ein alter Hase zu werden…

…ist aufzuhören, neue Trick zu lernen!

Eines meiner wichtigsten Lebensziele ist: Ich möchte kein sturer alter Mann werden. Ernsthaft, das steht auf meiner jährlichen Ziele-Planungsliste und ich erinnere mich immer wieder daran. Wir alle kennen ältere Herren, die denken immer Recht zu haben. Oder die Sachen auf eine bestimmte Art machen, weil sie das “seit 50 Jahren so machen” und es deswegen richtig sein muß!

Sture alte Männer
Sture alte Männer?

Lernen von den Besten

Überraschung: Man kann auch Dinge 40 Jahre lang falsch machen. Oder zumindest suboptimal. Hier ein Praxisbeispiel: Ich mache seit, keine Ahnung, vierzig Jahren hin und wieder ein Feuer. Im Ofen meiner Eltern, im heimischen Kamin, im Grill auf dem Balkon, etc. Das habe ich als Kind mal gelernt und so mache ich das immer. Funktioniert auch einigermassen. Ich brauche mehrere Anzünder, muss ein paar mal pusten, es raucht stark, aber das ist halt so. Kann ich nicht ändern…

Lagerfeuer in den Alpen (Sony A7II)
Lagerfeuer in den Alpen (Sony A7II)

Bis ich diesen Winter gelernt habe, das es viel besser geht. Macht weniger Arbeit, funktioniert mit einem statt drei Anzündern und produziert fast keinen Rauch. Nachdem ich mal wieder die Scheibe von unserem Kamin mit der Chemie-Keule gereinigt habe, hatte ich die Nase voll und habe auf YouTube gesucht. Es gibt zahlreiche Videos, die erklären, wie man Holz besser aufstapelt, um dann fast rauchfrei zu brennen. Warum man am Anfang schnell viel Hitze braucht und wie man das Ofenglas ohne Chemie mit der eigenen Asche sauber macht. Da habe ich in wenigen Minuten etwas fürs Leben gelernt, an dem ich die nächsten vierzig Jahre Freude habe. Und weniger Arbeit. Und weniger chemisches Reinigungsmittel das mir die Dichtungen vom Ofen zerfrisst.

Das Internet enthält mehr oder minder das gesamte Expertenwissen der Welt. Man muss nur die richtigen Beiträge finden (keine triviale Aufgabe) und offen dafür sein auch mal die eigenen Erfahrungen über Bord zu werfen!

Lernen kommt von machen

Es ist inzwischen mehr als 10 Jahre her, dass ich beschlossen habe, “richtig fotografieren zu lernen”. Ich bin ein Bücherwurm und daher habe ich mir ein paar Fotografie-Bücher gekauft und sie gelesen. Und es ist nichts passiert mit meiner Fotografie. Die Änderungen kamen erst, als ich angefangen habe gezielt zu fotografieren und es auch zu hinterfragen. Ich habe versucht, Lektionen zu realisieren, Fotos nachzustellen, eigene Ideen umzusetzen. Das hat am Anfang meistens nicht geklappt und das war gut so. Denn dann habe ich weiter getüftelt, gegrübelt, Videos geschaut, mit Freunden gesprochen, bis ich verstanden habe, wie es geht.

Harte Arbeit schlägt Talent
Harte Arbeit schlägt Talent, wenn Talent nicht hart arbeitet

Leider bin ich kein guter Lerner. Ich muss Dinge immer mehrfach falsch machen, bis ich sie verstehe. Aber ich kann unglaublich stur sein, DAS ist meine persönliche Superpower. Oder wie wir bei der Bundeswehr gesagt haben: Nooooch Maaaaal!

Hier im Blog und auf meinem YouTube-Kanal erkläre ich ganz viele Dinge rund um die Fotografie. Im Grund ist das alles einfach. Jeder kann das verstehen und umsetzen. Aber wer nur ein Video schaut, mit dem Kopf nickt und denkt “Ja, das macht Sinn, das habe ich verstanden” und es dann nicht ausprobiert… hat es kurz darauf wieder vergessen.

Wir sind alle verschieden

Heute Morgen hatte ich eine Mail im Postfach von einem älteren Herren, so vermute ich, der mir schrieb, sein Sohn hätte sich auf meine Empfehlung hin eine Nikon Z7II gekauft. Er selbst würde seit 40 Jahren mit Leica fotografieren. Leider hätte er den Fehler gemacht, durch den Sucher der Z7II zu schauen und jetzt würde er Augenkrebs bekommen, so schrieb er mir, offensichtlich besorgt und aufgerüttelt. Sein Apell an mich:

Hör auf, die Leute zu verarschen im Namen der Großen Hersteller !
Du lügst und verarscht die Leute mit deinem Grinsen !

Ein sturer alter Mann (so vermute ich)

Solche Mails bekomme ich öfter, in den letzten Jahren häufig dann noch mit Erklärungen über den Ursprung der “Corona-Lüge” oder Hinweisen auf die “Verschwörung der Regierung” und ähnlichem. Was leider NIE in der Nachricht enthalten ist: Ein Link zu seiner (und es sind ohne Ausnahme Männer) Webseite oder seinen Fotos. So bleibt es mir selbst überlassen, mir vorzustellen, wie die Fotos von diesem netten, älteren Herrn wohl aussehen.

Gehäuse Leica Q3
Gehäuse Leica Q3

Er fotografiert seit 40 Jahren mit Leica, wobei ich nicht weiß ob es immer noch die gleiche Kamera ist, oder er schon in der digitalen Zeit angekommen ist. Vielleicht sind seine Fotos Klasse, das weiß ich nicht. Aber ich bin mir sehr sicher, dass er anders fotografiert als ich. Und von daher kann es sogar sein, dass seine Leica für seine Art der Fotografie besser geeignet ist, als meine für mich (siehe meinen Testbericht zur Leica Q3 Kamera).

Vielleicht hat er ein Augenleiden und kann auf einem digitalen Sucher nicht gut sehen. Vielleicht war auch nur die Dioptrien verstellt. Vielleicht ist er nur zu sehr sturer, alter Mann, um zuzugeben, dass ein digitaler Sucher Vorteile haben kann. Ich möchte ihn nicht beurteilen oder gar verurteilen, weil ich seine Story nicht kenne. Wenn ich eins in den letzten 10 Jahren YouTube gelernt habe dann: Wir sind alle verschieden.

Neue Dinge lernt man, in dem man etwas neues macht

Meine Tochter ist 5 Jahre alt. Für sie ist die Welt neuartig und wunderbar. Manchmal sträubt sie sich dagegen, neue Dinge auszuprobieren. Aber immer wenn sie etwas neues gelernt oder erlebt hat, findet sie es toll und erzählt lange davon. Diese kindliche Freude vergessen wir Erwachsenen manchmal. Dabei haben wir doch alle Erinnerungen an schöne Erlebnisse… die damit zusammenhängen, das wir etwas neues gemacht habe. Die erste Reise ans Mittelmeer, die erste Bergwanderung, das erste Date mit der großen Liebe, der erste Besuch in einem tollen Theater und so weiter.

Persönlich glaube ich, dass der größte Unterschied zwischen frisch verliebt und jahrelang verheiratet darin liegt, dass man in Routine verfällt. Anfangs unternimmt man viele interessante Dinge, hat ganz viele erste gemeinsame Reisen, Ausflüge, führt interessante Gespräche und so weiter. Und später hockt man am Abend nur noch erschöpft auf dem Sofa und schaut auf ein Display. Natürlich wird das irgendwann langweilig.

Beim Fotografieren genauso: Nur weil ich 10 Jahre lang Bewerbungsfotos erstelle, macht mich das nicht zu einem guten Fotografen. Nur zu einem routinierten Bewerbungsfotoschützen. Ein besserer Fotograf werde ich nur, wenn ich Dinge mache, die ich bislang nicht konnte oder nicht probiert habe.

MTB Wettrennen in den Alpen (Canon 6D)
MTB Wettrennen in den Alpen (Canon 6D)

Es ist toll, weil es neu ist

Genau wie in der Liebe waren die Anfangszeiten meiner “ernsthaften Fotografie” die schönsten. Weil alles neu war. Jeder der sich nicht doll genug gewehrt hat musste vor die Kamera! Pärchenshooting im Stadtpark, Portraits im Studio, Landschaft, Sportler am Berg, Sportler im Studio, alles war großartig weil es neu war.

Wenn wir uns eine neue Kamera oder ein neues Objektiv kaufen, dann bekommen wir dieses Gefühl ein Stück weit zurück. Ersatzdroge, wie ich es nenne. Wir experimentieren, wir suchen Gelegenheiten und Vorwände zum Fotografieren und haben Spass daran, neue Dinge auszuprobieren. Eigentlich bräuchten wir dafür nichts neues zu kaufen, wir müssten uns nur aufraffen!

Für das neue Jahr könnten wir alle uns also doch mal vornehmen mal etwas neues zu fotografieren. Ein Makro-Blumen-Projekt starten. Endlich das Fotografieren mit Blitz lernen. Portraits von der erweiterten Familie anfertigen. Irgendetwas, bei dem wir uns unsicher sind, für das wir die Komfortzone verlassen müssen.

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