Von einer APS-C Kamera auf Vollformat wechseln?

Was ist der Unterschied zwischen Vollformat, APS-C und Micro Four Thirds (MFT) Kameras? Ist der Sensor wirklich (immer noch) wichtig? Lohnt es sich, von einer APS-C Kamera auf Vollformat zu wechseln? Im Video erkläre ich die wichtigsten Unterschiede.

Crop Faktor bei APS-C und Vollformat

Vereinfacht gesagt entsteht ein Foto folgendermaßen: Licht fällt durch das Objektiv auf den Sensor. Je größer der Sensor, desto mehr Licht kann eingesammelt werden. Deswegen erzeugt ein größerer Sensor weniger ISO-Rauschen als ein kleiner. Der Nachteil ist offensichtlich: Je größer der Sensor, desto größer auch das Objektiv. Und natürlich lassen die Hersteller sich das besser bezahlen.

Häufig wird die gleiche Sensor-Technologie auch für die APS-C Kamera eingesetzt, der Sensor ist einfach kleiner. Um den sogenannten Crop-Faktor. Je nach Marke 1.5 oder 1.6. Sprich: Ein Nikon Vollformat Sensor ist 1.5 mal größer als der Nikon APS-C Sensor (bei Canon ist es 1.6).

Vollformat oder APS-C Kamera im VergleichVollformat oder APS-C Kamera im Vergleich

Ein 50mm Vollformat Objektiv hat an einer APS-C Kamera einen 75mm Bildausschnitt (50×1.5) und man muss zurück gehen, um den gleichen Bildausschnitt zu bekommen (was nicht immer möglich ist). Umgekehrt wird ein 400mm Objektiv an der APS-C Kamera zu 600 und Tierfotografen kommen dichter an ihr Motiv heran.

Beachte im Foto oben den Hintergrund: Der Bilderrahmen und die Lampe sind an beiden Kameras gleich unscharf (gleich freigestellt).

Muss man die Blende bei APS-C umrechnen?

Die Frage sorgt immer wieder für Verwirrung und emotionale Diskussionen in den üblichen Foren. Dabei kann man das leicht ausprobieren. Nehmen wir das 50mm Vollformat Objektiv. Durch das Objektiv kommt immer die gleiche Menge Licht, egal welche Kamera dahintergeschnallt ist (oder ob überhaupt eine da ist). Die Blende bleibt immer gleich.

Aaaaaber, an einer APS-C Kamera wird Licht “verschwendet”. Es dringt zwar die volle Lichtmenge in die Kamera, aber da der Sensor kleiner ist, kann weniger eingesammelt werden. Verwirrend ist jetzt: Das Foto ist genau gleich hell. Aber der Bildausschnitt ist ein anderer! Man könnte auch eine Vollformat Kamera nehmen und das Bild in der Nachbearbeitung zuschneiden. Der weggeschnittene Rand ist der “verschwendete” Bereich in der APS-C Kamera.

Die Vollformat Kamera macht einen unscharfen Hintergrund

Eine Vollformat Kamer erlaubt es mehr freizustellen (der Hintergrund ist unschärfer). Die Begründung haben wir oben schon gehabt: Um mit 50mm an APS-C den gleichen Bildausschnitt zu haben wie an Vollformat muss ich zurück gehen. Hier ein Beispiel: Die beiden Fotos zeigen das gleiche Motiv mit dem gleichen Objektiv und identischen Einstellungen. Nur musste ich für APS-C ein paar Schritte zurück gehen. Achte auf den Hintergrund: Trotz Blende 1.4 deutlich weniger unscharf an APS-C.

Aber nicht wegen dem Sensor, sondern weil ich zurückgegangen bin (siehe das Beispiel oben mit identischer Freistellung).

Vollformat oder APS-C Kamera im VergleichVollformat oder APS-C Kamera im Vergleich

Dieser Effekt sorgt dafür, dass Fotografen davon sprechen, dass ein 50mm F1.4 Vollformat Objektiv einem 75mm F2.0 Objektiv an APS-C entspricht. Die Lichtstärke bleibt zwar 1.4, aber man kann nur so freistellen, wie mit einem 2.0 Objektiv.

Weniger ISO-Rauschen bei Vollformat?

Wer sich am ISO-Rauschen seiner alten Kamera stört, wird evtl. beim Wechsel auf Vollformat enttäuscht. Auch dort gibt es mehr oder minder starkes Rauschen. Die Stärke hängt von vielen Faktoren ab, das erkläre ich im Video. Evtl. ist es günstiger und wirksamer, einfach ein lichtstarkes Objektiv zu kaufen, z. B. eine der Sigma Festbrennweiten in Lichtstärke F1.4 (23mm oder 56mm sind gute Kandidaten). Hat man bislang ein F5.6 Zoom-Objektiv, dann bekommt man statt ISO6400 sehr angenehme ISO400!

Lohnt es sich von APS-C auf Vollformat zu wechseln?

Kaum eine Frage wird mir öfter gestellt. Viele Fotografen haben eine alte APS-C Kamera, mehrere Objektive und wünschen sich schon lange den Wechsel auf Vollformat. Wenn ich dann nachhake, kommen immer zwei Wünsche: Mehr freistellen und weniger ISO-Rauschen. Beides wird man mit Vollformat bekommen. Aber lohnt sich das?

Bokeh Canon 85mm F1.2 bei F1.4
Vollformat Objektive bieten das schönste Bokeh: Canon 6D 85mm F1.2 bei F1.4 (2015)

Vollformat Kameras sind meistens (aber nicht immer) deutlich größer. Die Objektive genauso. Die Folge kann sein, dass die Kamera öfter daheim bleibt. Dann wäre APS-C evtl. die bessere Lösung. Dafür lassen sich Vollformat Kameras meistens (aber nicht immer) besser bedienen, haben höher Auflösende Sucher und Displays, sind wetterfest und leistungsfähiger. Das muss aber nicht so sein.

Bei Fuji bekommt man mit der X-T5 eine APS-C Kamera, die einen deutlich besseren Sucher bietet als einige Sony Vollformatkameras. Die Canon R8 Vollformat Kamera ist kleiner als manche APS-C Kameras. Eine Sony A6700 ist gleich groß wie die Sony A7C und hat einen besseren Autofokus. Auch lichtstarke Objektive gibt es für Vollformat inzwischen in klein und leicht. Und nicht vergessen: Dank weniger ISO-Rauschen und besserem Freistellen entspricht ein F4 Objektiv an Vollformat dem F2.8 an APS-C!

Freistellen mit Vollformat - Canon 6D mit 85mm bei F1.6
Freistellen mit Vollformat – Canon 6D mit 85mm bei F1.6

Um die Frage aber zu beantworten würde ich mir folgende Frage stellen: Was fehlt dir bei deinen aktuellen Fotos? Wenn du dir wirklich primär einen unschärferen Hintergrund, schöneres Bokeh und/oder weniger ISO-Rauschen wünscht, dann kannst du das bekommen. Mein Lieblingsobjektiv ist z. B. das Sony 28mm F2.0. So etwas gibt es für APS-C nicht! Es müsste ein 20mm F1.4 sein und wäre deutlich grösser als mein 28er (Fuji hat ein 18mm F1.4 für knapp 1000 EUR).

Die Fotos oben sind mit dem Sigma 50mm F1.4 aufgenommen. An APS-C müsste es ein 35mm F1.0 sein, auch das gibt es nicht. In diesem Blogbeitrag beschreibe ich meine Objektiv-Empfehlungen für Vollformat. Das Gruppenfoto unten ist mit 24mm bei Blende 1.6 aufgenommen. Es müsste ein 16mm F1.0 Objektiv an APS-C sein.

Zum Schluß aber noch die Warnung: Deine Fotos werden nicht wirklich interessanter oder bewegender, wenn der Hintergrund unschärfer wird.

Gruppenfoto mit unscharfem Hintergrund
Gruppenfoto mit unscharfem Hintergrund

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Stephan Wiesner
24.12.2023

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