Zur besten Zeit im Storchendorf
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Wenn es sich abzeichnet das ich etwas “Leerlauf” habe, packe ich mir gerne meine Fotoausrüstung ein und schaue mal was passiert. So war es auch bei einem Seminar, das ich bei der Berufsgenossenschaft gemacht habe. Kollegen haben mich schon vorgewarnt, das Seminar wäre super, aber das Haus würde echt im Nirgendwo liegen. Nach den Seminarteilen bzw. am Nachmittag und Abend (das Seminar ging von Montag bis Freitag) wäre es echt langweilig. Also packte ich meine Kamera ein. Freie Abende zur goldenen Stunde, da lässt sich doch bestimmt etwas entdecken.
Das Seminar war in Bad Wilsnack, das liegt im Nordwesten von Brandenburg, ca. 130km nördlich von Magdeburg. Auf der Hinfahrt musste ich feststellen, dass es zwar landschaftlich schön ist, aber doch ehr “ländlich” geprägt ist. Somit trafen sich die Seminarteilnehmer am ersten Abend im Hauseigenen Gemeinschaftsraum zum Feierabendbier und um zu Beratschlagen, was man denn alles so machen kann. Ich blätterte in dem ausgelegten Informationsmaterial und wurde auf einen kleinen Ort aufmerksam: Rühstädt. Es wirbt damit, “das Storchendorf” zu sein. Mein Interesse war geweckt. Da ich der einzige Hobbyfotograf war und die Anderen ehr auf Kneipen, Bars und Diskotheken aus waren, fuhr ich an einem der nächsten Tage nach dem Seminar, alleine die wenigen Kilometer mit dem Auto nach Rühstädt. Landschaft und Ortschaften auf dem Weg waren sehr schön. Backsteinhäuser und Bauernhöfe prägten das Bild. In Rühstädt angekommen, war ich total Begeistert. Auf jedem zweiten Haus waren ein bis drei Storchennester, Schornsteine waren mit extra Gestellen überbaut oder auf den Dachfirsten waren Plattformen gebaut. Ich war am späten Nachmittag in dem Ort, also gutes Licht zum Fotografieren und da es ein normaler Wochentag war, war so gut wie niemand anderes unterwegs. Ich hatte aber auch noch weiter riesiges Glück, denn ich war zur richtigen Jahreszeit da. Viele der Nester waren auf dem ersten Blick leer und ich war im ersten Moment enttäuscht, wollte ich doch Störche fotografieren. Doch wenn ich ein Nest etwas länger beobachtete stellte ich fest, irgendwas war in dem Nest. Ich war Anfang Juni unterwegs, genau in der Zeit, in der die Jungen der Störche geschlüpft waren. Die Küken oder Jungvögel waren schon so groß, dass sie ab und zu über den Rand des Nestes geschaut haben. Natürlich waren die Nester nicht verlassen, die Storcheneltern waren nämlich unterwegs um Futter für die Kleinen zu jagen. Immer wieder kam ein Storch zu einem Nest geflogen, um einen Schnabel voll Futter abzuliefern. Aber wie kann man das Fotografieren? Ich machte hier und da ein Foto, aber entweder sah man nur den großen Storch im Nest oder ein Jungtier war nur schwer zwischen den Ästen vom Nest zu sehen. Also spazierte ich durch das Dorf auf der Suche nach einem guten Standort. Per Zufall viel mir ein altes Schild auf: Aussichtspunkt. Es wies auf eine Tür in eine alte Scheune… Nach kurzem Zögern ging ich hinein und kletterte eine alte Stiege hoch. Sie führte auf einen alten Balkon, mit einer genauso alten Bank (bei Google nach Rühstädt, Storchennestparade suchen). Wirklich hoch war ich nicht, aber es hat gereicht um über die Dächer zu blicken und einen guten Blick auf ein Nest zu erlangen. Doch auch das Nest schien im ersten Moment verlassen zu sein. Ich richtete Stativ und Kamera ein, vielleicht passiert ja noch was, hatte ich doch bei anderen Nestern beobachtet, dass der erste Anschein trügt. Je später es wurde und die Sonne weiter unterging, desto mehr Störche flogen aber über die Dächer zu ihren Nestern. Je mehr ich beobachtete desto mehr viel mir auf, wo und wie die Störche fliegen. Immer wieder flog ein Storch an einer alten Scheune vorbei und somit Versuchte ich mal einen Mitzieher von einem fliegenden Storch. Gleichzeitig kam aber auch Leben in das Nest unweit von mir, denn das Nest war alles andere als leer. Drei kleine Köpfe guckten auf einmal aus dem Nest und als die Eltern dann auch noch mit Futter kamen, war im Nest wirklich was los. Nach dem das mitgebrachte Futter der Eltern aufgegessen war, kehrte Ruhe ein und mir gelang es, die kleine Familie zu fotografieren.
Am Ende haben sich zwei Sachen wieder ausgezahlt: Im Zweifel immer die Kamera mitnehmen und on Location auch mal Geduld haben bis eine gute Gelegenheit kommt.
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