Zeitreise

Eine Story von Jochens Pictures
02.01.2024

In dieser Story

Ist das noch ein Foto?

Wenn man “Foto” als getreues Abbild der Wirklichkeit definiert, dann eher nicht. Es ist überzeichnet, die Bearbeitung ist an einigen Stellen (bewusst) übertrieben, so dass es teilweise eher wie eine Illustration wirkt – und genau das war das Ziel bei diesem Foto.

 

Vorgeschichte

Maschinen und Abenteuer, das ist eine Mischung, die mich seit meiner Kindheit fasziniert und inspiriert. Folgerichtig habe ich in meiner Jugend so ziemlich alles von Jules Verne gelesen: 20.000 Meilen unter dem Meer, Die Reise zum Mittelpunkt der Erde, Von der Erde zum Mond, Eine schwimmende Stadt…. Die Geschichten, die phantastischen Maschinen, dazu die kunstvollen Illustrationen in den Ausgaben der Bücher, die ich hatte – viele Nächte und Ferientage habe ich in diesen Welten verbracht.

Auch in der Realität haben es mir solche Maschinen angetan, die zum Teil noch aus der Zeit Jules Vernes stammen: Eisenbahnen, genauer gesagt Dampflokomotiven. Seit über 35 Jahren bin ich im Eisenbahnmuseum Darmstadt-Kranichstein aktiv. Tagsüber den Besuchern, egal ob Familien mit Kindern oder andere (Berufs-)Eisenbahner, die alte Technik zu erklären, macht richtig Spaß. Quasi die “Sendung mit der Maus” zum Anfassen.

Aber dann abends nach Torschluss allein im Lokschuppen zwischen den schlafenden Stahlriesen zu stehen, während es draußen dunkel wird – da vermischen sich die beiden Welten, die von Georg Heise konstruierte Güterzuglok wird zu einer von Jules Vernes fantastischen Maschinen, und das Abenteuer im Kopfkino beginnt…

Genau dieses Gefühl wollte ich einfangen – das Ziel war, ein Bild zu schaffen, das irgendwo zwischen Foto und Illustration liegt. Eine Leidenschaft nutzen, um zwei andere zu verbinden.

 

Von der Idee zum Foto

Das Motiv liefert unsere 44. 1941 in Kassel gebaut, fuhr sie bis Frühjahr 1977 für die DB Güterzüge und war danach noch viele Jahre im Museum aktiv. Seitdem ist der Führerstand mit all seinen Hebeln, Handrädern, Anzeigen und Klappen das Highlight jeder Besucherführung.

Natürlich ist der Platz hier oben begrenzt und so war klar, dass hier das Ultraweitwinkel zum Einsatz kommen musste. Mit dem Stativ im Kohlekasten sitzend, reichten 11 mm APS-C gerade aus, um die gesamte Breite und Höhe einzufangen. Die Beleuchtung der Szene stammt einerseits von einer großen Lampe (Glühbirne) an der Decke des Führerstandes und andererseits vom Licht der blauen Stunde, das an einem späten Januarnachmittag durch die Fenster des Lokschuppens scheint. Herausfordernd waren die starken Kontraste – während weiße Flächen wie der Zettel im Fahrplankasten oder das Hinweisschild, dass kein Wasser im Kessel ist, hell strahlten, lagen viele der verwinkelten Ecken in tiefem Schatten. So habe ich mit Blende ƒ/8 für die nötige Schärfentiefe und ISO 100 verschiedene Belichtungen von einer halben Sekunde bis zu 20 Sekunden manuell aufgenommen.

Zu Hause ging es dann an die Nachbearbeitung. Es brauchte einige Versuche in Lightroom, bis ich die richtige Mischung der Ausgangsbilder hatte, um ein HDR-Bild zu erzeugen, das meinen Vorstellungen schon recht nahe kam. Dann kam das Spiel mit Kontrast, Klarheit, Schärfe, Lichtern, Schatten und Sättigung einzelner Farben. In Photoshop ging es dann weiter: Mit Dodge & Burn wurden einzelne Bereiche gezielt abgedunkelt oder aufgehellt, an einigen Stellen noch etwas Körnigkeit für den “Gritty Look” hinzugefügt und schließlich mit dem Hochpassfilter die Kanten noch einmal betont.

 

Fazit

Herausgekommen ist ein Bild, das meiner Meinung nach umso stärker wirkt, je größer man es betrachtet. Sechs Freunde und Arbeitskollegen haben es inzwischen bei sich zu Hause an der Wand hängen – 120×80 cm auf Aluminium gedruckt. So gesehen ist es mein “erfolgreichstes” Bild.

Aber das Wichtigste ist: Ich habe mein Ziel erreicht. Jedes Mal, wenn ich das Bild ansehe, geht das Kopfkino los. Und ich habe gerade wieder angefangen, “20.000 Meilen unter dem Meer” zu lesen…

 

Autor:in
Jochens Pictures
IT Consultant / Projektleiter aus Wald-Michelbach
Ich lebe mit meiner Familie und diversen Haustieren im tiefsten Odenwald. Fotografieren ist für mich wie eine kleine Auszeit. Bei der Suche nach dem Motiv und dem richtigen Blickwinkel sind alle Sorgen und Stress schnell vergessen - deswegen ist die Kamera auch auf Dienstreisen immer mit dabei. Landschaften und Tiere sind meine bevorzugten Motive.
Ich lebe mit meiner Familie und diversen Haustieren im tiefsten Odenwald. Fotografieren ist für mich wie eine kleine Auszeit. Bei der Suche nach dem Motiv und dem richtigen Blickwinkel sind alle Sorgen und Stress schnell vergessen - deswegen ist die Kamera auch auf Dienstreisen immer mit dabei. Landschaften und Tiere sind meine bevorzugten Motive.

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