Was Rothirsche hier mit Maggi zu tun haben
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Im September letzten Jahres waren wir zum Fotografieren der Hirschbrunft auf dem Darss. Wir hatten einen wunderschönen Tag, mit gutem Wetter und sehr vielen Rothirschen. Das wollten wir dieses Jahr wiederholen. Aber es sollte ein wenig anders werden.
Zu solchen Vorhaben gehört leider auch das Aufstehen um zwei Uhr morgens und die Abfahrt um drei Uhr. Zumindest wird man mit einer leeren Autobahn belohnt. Die Ankunft zum Sonnenaufgang haben wir nur mit Sternchen geschafft (* Die Sonne stand bereits knapp über dem Horizont). Der Parkplatz in Prerow gab uns den ersten Dämpfer des Tages, der Parkscheinautomat nimmt nur Kleingeld, keine Karte und keine App. Mist. Um kurz vor sechs Uhr ist da auch niemand, der wechseln könnte. Naja dann halt pragmatisch denken und einfach einen Zettel ins Auto legen, dass man den Schein später bezahlt (und hoffen, dass das Auto dann noch da steht).
Am Strand angekommen ist die Lichtstimmung grandios. Besser hätte man es nicht bestellen können. Die aufgehende Sonne steht knapp über der Wasserkante und alles ist in wunderschönes, magentafarbenes Licht getaucht. Das entschädigt doch das frühe Aufstehen allemal. Wir können Lachmöwen bei der Jagd auf Strandkrabben beobachten, genauso wie Bachstelzen und Enten. In diesem Licht ein rundum gelungener Morgen. So langsam verschwindet das tolle Licht und die Sonne steigt höher. Also machen wir uns auf den Weg durch die Dünen in den Wald. Letztes Jahr sind wir zwischen den Dünen einem jungen Rothirsch begegnet. Es flößt schon Respekt ein, solche großen Tiere (4-Ender) so nahe zu sehen. So ganz ohne einen Zaun dazwischen. Dieses Jahr kein Hirsch, aber eine Hirschkuh in der Ferne am Wegesrand. Wir staunen, wie viele Tiere man hier in kurzer Zeit sehen kann. Wir haben uns entschieden nicht gleich zu den Brunftplätzen zu laufen, sondern erst einmal die leeren Wege des Nationalparks entlang zu laufen. Die Chance hier Tiere zu sehen erschien uns größer als dort, wo sich alle Besucher “tümmeln”.
Auf einem einsamen geschwungenen Waldweg stoppt meine Frau vor mir plötzlich. Guckt mich an und ich merke sofort, irgendetwas stimmt hier nicht. Ihr Blick sagt ganz eindeutig, dass Angst im Spiel ist.
Wir sind oft in der Natur unterwegs. Oft haben wir Spuren von Wildschweinen gesehen. Wer von euch wusste, dass Wildschweine (und deren frische Suhle) nach dem Maggi-Gewürz riechen? Diese Information hast sich im Tierpark auch schon bestätigt. Bis jetzt haben wir Wildschweine in Freiheit nur aus sehr großer Entfernung gesehen. Und über die Jahre hat sich eine gewisser Respekt vor diesen Tieren entwickelt. Immerhin ist das eine der wenigen Tierarten, die einem im heimischen Wald so richtig gefährlich werden können.
Ich hole vorsichtig auf. “Da vorne steht ein Wildschwein!” meint meine Frau leise. “Wo?” suche ich das Schwein, aber finde nichts. “Na da drüben!” flüstert meine Frau und bewegt sich langsam rückwärts. Ich bin mir in der Situation nicht sicher, ob das ein Spaß sein soll. Ich sehe nichts. Langsam bewege ich mich vorwärts, Mini-Schritt vor Mini-Schritt und starre in die gezeigte Richtung. Nichts bewegt sich. Die Kamera ist dabei fest am Anschlag. Auf einmal sehe ich es, keine 50 Meter entfernt. Ich kontrolliere schnell die Einstellungen, hebe die Kamera hoch, fokussiere und mache ein Testbild. Dann kontrolliere ich es. Das Ergebnis sieht gut aus. Kamera wieder hoch, Tier beobachten und Bilder machen. “Ich müsste noch den Kopf sehen” denke ich noch, dann dreht sich der Kopf, sehr gut, super, und noch ein Bild, geil. “Dreh noch ein bisschen den Kopf, dass man ihn auf dem Bild besser sehen kann”, als ob der mittelgroße Keiler das hören könnte dreht er seinen Kopf. “Geil er guckt mich an …” denke ich noch als ich realisiere: “Fuck, er guckt mich an !”. Mist, was mache ich denn jetzt. Mein Frau ist mittlerweile einige Meter nach hinten geschlichen und schaut besorgt. Ich habe mich entschieden die Kamera zu senken. Langsam laufe ich nach hinten und rede ruhig mit dem Tier. Mein Körper ist angespannt. Was mache ich, wenn es in meine Richtung rennt?
Er zögert, dreht sich langsam weg und rennt in die richtige Richtung. Puh, Erleichterung macht sich breit. Dann sehen wir es noch schräg hinter uns, aber es rennt nicht in unsere Richtung und verschwindet im Wald.
Erst haben wir noch sehr gemischte Gefühle aber langsam verfliegt die Anspannung und wir sind fasziniert von dem, was da gerade passiert ist. Später kreuzt noch ein zweites Wildschwein unseren Weg. Allerdings ist es in der nächsten Sekunde im Schilf verschwunden und wir können behutsam weiter gehen. Rothirsche haben wir dann übrigens auch noch gesehen (so am Rande). Nach der Begegnung mit dem ersten Wildschwein, war ich komplett zufrieden mit dem Tag. Ich war erstaunt und glücklich, dass das Fotografieren in dieser Situation reibungslos geklappt hat und ich ein scharfes Bild im Kasten hatte. Das hätte ich vor wenigen Jahren nicht geschafft und so eine Erkenntnis ist schon ein schönes Gefühl.
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