Tomorrow never dies – Der Morgen stribt nie
In dieser Story
Unseren traditionellen Osterbesuch in Südhessen nutzte ich für einen Abstecher nach Frankfurt am Ostersamstag. Neben einer Fotoausstellung über das Schaffenswerk von Barbara Klemm stand ein wenig Street-Fotografie auf dem Plan. So konnte ich die Kamera mit dem 25mm-Pancake in die Jacke stecken und klein und leicht durch die Straßen mäandrieren. Doch es war ungeheuer viel Betrieb an diesem Samstag, so dass ich kaum ein Motiv fand. Zudem blieb das Licht sehr diffus, entgegen der Prognose. Diese hatte nachmittags Sonne in Aussicht gestellt und ich auf Lichttaschen und Reflexionen in der Innenstadt gehofft. So beobachtete ich lediglich das wuselige Treiben und drückte kaum den Auslöser.
Ich entschloss mich in Richtung Europa-Viertel zu gehen. Zwischen all dem Glas der Hochhäuser sollte irgendwo sicher noch Motive auf mich warten. Ich schlenderte weiter. Am Goetheplatz lies ich zunächst eine Demonstration passieren und fand erstaunlich, wie geduldig Kundschaft auf Einlass warten kann. Vor der gegenüber liegenden Strassenseite beobachtete ich die lange Schlange, welche vor dem Eingang von “Louis Vuitton” stand und darauf hoffte eingelassen zu werden. Kein Foto wert, aber interessant zu beobachten. Ich überschlug, dass die Wartezeit sicher über einer Stunde lag.
Auf meinem Weg weiter fiel mir eine Szenerie auf, die ich zunächst nicht wirklich deuten konnte. Ein junger, ganz in weiß gekleideter Mann unterhielt sich mit einem weißhaariger, fast zwei Meter großem Mann mit sehr auffälliger Brille. Im Vorbeigehen konnte ich kaum Gesprächsfetzen aufnehmen, um herauszufinden welchen Verbindungen die beiden hatten. Einzig “Social Media” gelang in meinen Gehörgang. War es ein hipper Jurastudent und sein älterer Professor? Ein Jungbanker der den Seniorchef einer Bank um Anstellung bat? Ich verfiel in zu viele Frankfurt-Klischees. Aber das Outfit der beiden hatte es mir angetan und die Situation war es wert festgehalten zu werden.
Zwei Fotos schoss ich aus der Hüfte, während ich in eine andere Richtung schaute. Dann beobachtete ich, wie die beiden die Straße überquerten. Dort wartete die Begleiterin des “Weißmantel” mit Stativ und Mobiltelefon und die Drei bereiteten sich vor, eine Aufnahme zu starten. Ah, ok, so ein Influenzer Ding.
Aber irgendein Gedanke hatte sich in meinem Hinterkopf festgesetzt. Zu undeutlich, um hervor zu treten. Auf meinem Weg weiter sinnierte ich, was sich da in meinem Hirn verhakte. Die hünenhafte Erscheinung des älteren Herrn, die Gestik – mir kam es merkwürdig bekannt vor. Entgegen meiner Gewohnheit cheatete ich meine Aufnahme und vergrößerte das Bild auf dem Display. Konnte das sein? Der Herr erinnerte mich tatsächlich an Götz Otto. Neben anderen schauspielerischen Leistungen mir insbesondere durch seine Rolle im James-Bond-Film “Der Morgen stirbt nie” im Gedächtnis. Aber dieser Schurke konnte unmöglich eine Brille brauchen und weiße Haare haben.
Also zückte ich meine mobile Bibliothek und rief Wikipedia auf. 1,98 m groß – passt! Aufgewachsen in Offenbach, gleich neben Frankfurt. Könnte ja sein, dass er wie ich die Ostertage für einen Besuch nutzt. Alter – GUTE GÜTE … Götz Otto ist ein Jahr jünger als ich. Sehe ich dann auch schon so alt aus, merke es bloß nicht? Oder braucht er weiße Haare und Bart vielleicht für eine aktuelle Rolle? Ist es eventuell ein älterer Bruder oder doch jemand völlig Unbekanntes?
Ich werde es nie erfahren. Aber es ist auch nicht wirklich relevant. Für meine Straßenfotografie ist es mir wichtiger die Szene rechtzeitig bemerkt zu haben und ein Foto machen zu können. Sollte es wirklich Götz Otto gewesen sein, hätte ich zumindest mir der Veröffentlichung des Fotos kein Problem, gelten Promis doch als Personen öffentlichen Interesses.
Um die Erkenntnis reicher, dass der Zahn der Zeit auch vor Leinwandhelden nicht Halt machen wird, zog ich weiter ins Europa-Viertel und behielt recht. Es boten sich noch einige Gelegenheiten meine Skills in Street zu trainieren.
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