Sterne über Arizona

Eine Story von Jochens Pictures
05.01.2024

In dieser Story

Vorgeschichte

Wegen verschiedener Projekte komme ich jedes Jahr im September in die USA. Meistens finden die Treffen an der Ostküste statt, irgendwo in der Nähe von Charleston, South Carolina. Nur selten gibt es Ausreißer – wie 2015, als wir uns im Oktober in Albuquerque, New Mexico, trafen. Das war die Reise, die mir den Anstoß gab, mich ernsthaft mit der Fotografie als Hobby zu beschäftigen. Wir fuhren damals von Albuquerque aus zwei Stunden in die Berge, um bei einer “Stargazing Tour” den fantastischen Sternenhimmel zu bewundern (und von einem Astronomen erklärt zu bekommen). Eigens für diesen Zweck hatte ich mir, passend zur Canon 760D, das Tokina 11-20mm ƒ/2.8 gekauft und damit meine ersten Milchstraßenaufnahmen gemacht.

 

Zurück in die Gegenwart

2023 gab es wieder so einen Ausreißer: Unsere Treffen wurden mit einer anderen Konferenz zusammengelegt und wanderten so nach Phoenix, Arizona. Ich konnte meinen Rückflug um einen Tag verschieben und hatte so Zeit für einen kurzen Ausflug zum Grand Canyon, der nur vier Autostunden entfernt ist.

Kaum waren Donnerstagmittag die letzten Sessions gelaufen, bei denen ich dabei sein musste, ging es los zum Flughafen, den Mietwagen abholen, und dann auf die Interstate 17 Richtung Norden. Der Plan war, am ersten Tag an den Red Rocks bei Sedona vorbei bis nach Tusayan zu fahren, dort zu übernachten, um dann gleich Freitagfrüh am Grand Canyon zu starten, so dass ich abends nicht zu spät wieder in Phoenix war für den Heimflug am Samstagmorgen. Dieser knappe Zeitplan erforderte einige Kompromisse, aber davon ausgehend, dass dies ein einmalige Gelegenheit war, wollte ich dass Maximum herausholen.

 

Es wird dunkel…. sehr dunkel.

Wer sich schon einmal mit dem Thema Nachthimmelfotografie beschäftigt hat, kennt das Problem der Lichtverschmutzung. lightpollutionmap.info ist eine fantastische Quelle für weitere Informationen zu diesem Thema. Die Gegend um den Grand Canyon hat auf der Bortle-Skala den Wert 1: excellent dark sky. Besser geht es nicht. Damit war das Zielfoto für diese Tour gesetzt: Die Milchstraße!

Aufgrund der knappen Zeit war klar, dass ich es nicht schaffen würde, einen geeigneten Spot direkt am Canyon zu finden. Also hielt ich auf dem Weg nach Tusayan Ausschau nach Orten, an denen ich später anhalten konnte. Leider gibt es dort keine aufregende Landschaft für einen interessanten Vordergrund – aber immerhin hat man freie Sicht bis zum Horizont. Wie gesagt, Kompromisse. Das Tagesfoto zeigt die Arizona State Road 64 etwa 20 Meilen vor Tusayan. Auf halber Strecke entstanden später die Nachtaufnahmen.

 

Nach dem Einchecken im Hotel und einem guten Abendessen bin ich dann eine Stunde nach Sonnenuntergang wieder auf die 64 Richtung Süden gefahren – und habe schnell gemerkt, wie ungewohnt dunkel es hier ist. Trotz Mondlicht – der zunehmende Viertelmond ging zweieinhalb Stunden nach der Sonne unter – waren die Kreuzungen und Nebenstraßen mangels Lampen und Schildern kaum zu erkennen. Schließlich fand ich doch einen geeigneten Platz.

Zunächst ärgerte ich mich über den hellen Mond, aber so konnte ich Stativ und Kamera ohne Taschenlampe aufbauen und meine Augen an die Dunkelheit gewöhnen. Und was für ein beeindruckender Sternenhimmel! Man konnte die Milchstraße deutlich über den ganzen Himmel bis zum Nordhorizont sehen und viele Details sogar mit bloßem Auge erkennen. Viele Sternbilder waren nur schwer auszumachen, weil sie einfach in der Masse der Sterne untergingen…

 

Milchstraße mit dem Handy?

Kurzentschlossen machte ich einen Test – ich hielt mein Handy hoch und drückte auf den Auslöser der Kamera. Und siehe da: Es war dunkel genug, um die Milchstraße zu fotografieren – aus der Hand, mit der Standard-Foto-App auf dem Handy!!! Das Bild habe ich hier angehängt…

Dann habe ich meine Kamera entsprechend aus- und eingestellt. Auch wenn die 760D inzwischen durch die R7 ersetzt wurde, war vorne wieder das Tokina 11-20, das ich mir vor acht Jahren für genau diesen Zweck gekauft hatte. Nach ein paar Testaufnahmen hatte ich meine Einstellungen gefunden und machte dann über zwei Stunden mehrere Bildserien von verschiedenen Himmelsausschnitten. Ich wartete auch den Monduntergang ab, um auch in dieser Blickrichtung noch mehr Details einfangen zu können.

 

Dabei fiel mir etwas auf, was mich total faszinierte: Die Sterne in Richtung des Zentrums der Milchstraße leuchteten so hell, bzw. die Umgebung war so dunkel, dass die Sterne Schatten warfen! So etwas hatte ich wirklich noch nie gesehen…

Kaum hatte ich eine Serienaufnahme gestartet, setzte ich mich wieder ins Auto – denn waren es in Phoenix noch über 40°C, so war es hier auf über 1.800 Metern Höhe nur knapp über Null, dazu kam ein fieser böiger Wind. Da ich aus Platz- und Gewichtsgründen nur mein kleines Reisestativ mitnehmen konnte, waren am Ende leider einige Bilder verwackelt, obwohl ich es nur auf Hüfthöhe ausgefahren und im Windschatten des Autos platziert hatte. Das ist mir aber erst zu Hause aufgefallen – auf dem kleinen Display der Kamera sieht es immer gut aus.

 

Nachbearbeitung

Zu Hause habe ich dann in Lightroom die besten Bilder aus jeder Serie (für das Zielfoto sind es acht Bilder) ausgewählt, grob vorbearbeitet (Objektivkorrekturen, Weißabgleich, Grobbelichtung), dann in Photoshop gestackt, manuell ausgerichtet und berechnet, um das Rauschen so weit wie möglich zu reduzieren, und dann wieder in Lightroom den Feinschliff gemacht.

Von allen Bildern, die an diesem Abend entstanden sind, ist das erste, das mit dem untergehenden Mond, mein Lieblingsbild. Das Mondlicht macht Details am Horizont und im Vordergrund sichtbar und gibt der Milchstraße quasi ein “Fundament”, während bei späteren Bildern der Vordergrund nur noch ein schwarzer Schatten ist.

Damit war für mich eines der wichtigsten Ziele dieses Kurztrips erreicht: den unglaublichen Sternenhimmel zu genießen und eine Erinnerung daran mit nach Hause zu nehmen.

 

Autor:in
Jochens Pictures
IT Consultant / Projektleiter aus Wald-Michelbach
Ich lebe mit meiner Familie und diversen Haustieren im tiefsten Odenwald. Fotografieren ist für mich wie eine kleine Auszeit. Bei der Suche nach dem Motiv und dem richtigen Blickwinkel sind alle Sorgen und Stress schnell vergessen - deswegen ist die Kamera auch auf Dienstreisen immer mit dabei. Landschaften und Tiere sind meine bevorzugten Motive.
Ich lebe mit meiner Familie und diversen Haustieren im tiefsten Odenwald. Fotografieren ist für mich wie eine kleine Auszeit. Bei der Suche nach dem Motiv und dem richtigen Blickwinkel sind alle Sorgen und Stress schnell vergessen - deswegen ist die Kamera auch auf Dienstreisen immer mit dabei. Landschaften und Tiere sind meine bevorzugten Motive.

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