Spiegelung

Eine Story von camerawerk
19.03.2024

In dieser Story

Zandvoort, Großer Preis der Niederlande, Samstag, dritte Trainingssession.

Es regnet in Strömen am Atlantik und eigentlich habe ich gar keine Lust wieder nass zu werden.
Aber ich weiß, bei Regen lassen sich in der Formel 1 tolle Bilder machen. Es gibt Gischt, Rücklichter strahlen besonders, die Autos rutschen und driften öfter.

Also überwinde ich mich mal wieder, mir bleibt auch keine andere Wahl und ich ziehe meine Regenjacke an, steife mein Pitlane-Tabard über.
Lasse meine kurzen Hosen an, die Beine sind schneller trocken als eine lange Hose.

Auf geht’s, einmal hinter der Boxengasse am kompletten Fahrerlager vorbei, zum Eingang der Pitlane.
Ich bin, wie immer, früh dran. Noch 30 Minuten bis zum Beginn der letzten Trainingssession an diesem Wochenende.
Für die Qualifikation am Nachmittag ist ebenfalls Regen vorausgesagt, sodass mit viel Fahrbetrieb zu rechnen ist, weil die Fahrer sich auf ihre Qualifikationsrunde einschießen wollen.

Mein Equipment lasse ich ungeschützt, ohne Regencover. Die robusten Kameras und Objektive von Canon bereiten mir auch bei diesem Wetter keine Sorgen. So kann ich mich vollkommen auf meine Motive konzentrieren.

Ich gehe die Pitlane entlang, schaue in die Boxen der Teams, erspähe schon den ein oder anderen Fahrer, der schon in seiner Box ist.
Meist besprechen sie mit ihrem Renningenieur noch ein paar Details bezüglich der Vorgehensweise in der Trainingssession.
Ein paar Portraits mache ich schon mal, auch ein paar Teamchefs sind schon in den Garagen.
Die Fahrer bereiten sich vor, ziehen sich ihre feuerfesten Hauben an, “In Ears” werden angelegt, der Helm angezogen.
Noch ein paar Minuten und es geht los.

Die Fahrer steigen in ihre Autos, die Motoren werden angelassen, nicht mehr so laut wie früher, aber immer noch so, dass ich manchmal etwas Gänsehaut bekomme.
Da ist wieder so ein Moment, in dem mir bewusst wird wie privilegiert ich bin, dass ich jetzt hier sein darf und meinem Job und meiner Leidenschaft nachgehen darf.
Jetzt muss ich mich aber konzentrieren.

Noch ist die Ampel am Boxenausgang rot, aber manche fahren schon raus in die Pitlane. Aufmerksamkeit ist jetzt wichtig, ich möchte kein Team in seinem Ablauf stören und eventuell im Wege stehen.

Ich sehe, dass sich die Rücklichter der Boliden auf der regennassen Pitlane spiegeln.
Sergio Perez, der mexikanische Teamkollege von Max Verstappen, fährt aus der Box.
Er muss anhalten, weil die Ampel noch rot ist.
Die Rücklichter und das Bremslicht spiegeln sich stark und ich knie mich hin, um eine möglichst tiefe Perspektive einzunehmen, sozusagen auf “Augenhöhe” mit dem Heckflügel.
Die Ampel wird grün, ich weiß er fährt gleich los und löse aus.
Das Bild ist gemacht und die nächsten 60 Minuten mache ich noch einige Bilder, die mir gefallen.
Aber hier zeige ich dieses, gerade beschriebene, Foto.

Nach der Session, natürlich bin ich mal wieder richtig nass geworden, eile ich ins Mediacenter.
Die Bilder müssen in die Welt gesendet werden.
Zum Wechseln der nassen Strümpfe und der kurzen Hose bleibt jetzt keine Zeit.
Erst die Bilder beschriften und senden.
Dann, nach weiteren 45 Minuten, lege ich mich trocken, trinke einen Cappuccino.
Ich bin zufrieden mit den Bildern und die Qualifikation steht schon wieder vor der Tür.

Ok, es regnet, aber ich gewinne auch dieses Mal gegen meinen inneren Schweinehund.

Autor:in
camerawerk
Fotograf aus Saarland
Fotograf mit Leidenschaft, mittendrin statt nur dabei.
Fotograf mit Leidenschaft, mittendrin statt nur dabei.

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