It´s a match oder eine fast perkekte Tarnung
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Streetfotografie im Lockdown
Wie viele andere auch habe ich die Straßenfotografie in der Zeit des Lockdown für mich entdeckt und praktiziert.
Schon in jungen Jahren und vor allem auf Reisen saß ich gerne auf Plätzen, in Straßencafés oder Lokalen und verfolgte das Treiben auf den Straßen. Das ist für mich immer noch die spannendere Art, eine Stadt oder ein Land kennen zu lernen, als den Empfehlungen eines Reiseführers zu folgen und von Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit zu pilgern.
Heute habe ich immer eine Kamera dabei und lasse mich meist ohne großen Plan treiben und schlendere durch die Straßen und Gassen.
Während der Abriegelung war das kaum möglich. Aber die Kamera zu schnappen, mit dem Fahrrad in die eigene Innenstadt zu fahren und Orte aufzusuchen, die sonst stark frequentiert sind, war eine gute Gelegenheit, die eigenen vier Wände zu verlassen.
Das Museum und die Frau im Steppmantel
Die Regel “Wenn das Bild schlecht ist, warst du nicht nah genug dran” musste ich außer Acht lassen. Außerdem hatte ich noch ein analoges manuelles 28mm-Objektiv aus den 80er Jahren im Schrank, für das ich mir einen passenden Adapter besorgt hatte. Damit wollte ich vor allem das manuelle Fokussieren üben, bzw. die Schärfebereiche bei verschiedenen Blenden durch Vorfokussieren ausloten. Um auch zu testen, ob das Objektiv stark verzeichnet, suchte ich in der Stadt nach grafischen Elementen und wurde an der Fassade eines Museums fündig. Eine renovierte Fassade mit horizontalen Rillen, einem kleinen Fenster und einem großen Tor mit schönen Diagonalen.
Ich stellte mich auf die andere Straßenseite und übte, das Motiv möglichst symmetrisch zu gestalten. Von Zeit zu Zeit kamen Passanten vorbei, und so kam ich auf die Idee, sie in das große Tor zu rahmen. Das Ergebnis stellte mich nicht zufrieden, denn wegen des nasskalten Wetters waren die Passanten in die für Freiburg typischen bunten Outdoor-Jacken gehüllt.
Ich hatte genug Material gesammelt, um das Objektiv zu testen und wollte die Kamera gerade in eine Umhängetasche stecken, als ich aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahrnahm. Ich sah eine Frau in einem langen Steppmantel in einem gedeckten Farbton. Es war ein ähnlicher Farbton wie die Tür des Museums!
Mir wurde klar, dass dies mein Foto des Tages werden könnte, wenn ich nur schnell genug wieder in Position käme, ohne zu viel Aufmerksamkeit zu erregen. Ich zückte die Kamera, versuchte alles gerade und symmetrisch auszurichten und wartete auf den richtigen Moment.
Es war keine Zeit mehr, den Serienbildmodus einzustellen. Ich hatte nur einen Auslöser! Jetzt konzentrieren, nicht verhauen, nicht auffallen. Ich wollte die Dame möglichst mittig im Tor über dem Emblem im Pflaster einfangen.
KLICK!
Das war’s. Das Jagdfieber war verflogen. Ich packte meine Sachen und radelte nach Hause. Mit dem Wissen, einen einmaligen, nicht wiederholbaren Moment eingefangen zu haben. Später, als ich das Foto auf meinem Computer betrachtete, stellte ich fest, dass ich tatsächlich den richtigen Moment erwischt hatte. Die Dame steht zwar nicht genau in der Mitte, aber die Linien des Tores gehen fast perfekt in die Position des Mantels über. Dazu ein ähnlicher Blauton.
Die Tarnung eines Chamäleons im Großstadtdschungel ;o).
Das Foto ist bis heute eines meiner Lieblingsbilder. Immer wieder komme ich auf meinen Spaziergängen an diesem Tor vorbei und ab und zu schaue ich mir die Ausrichtung und den Bildausschnitt an. Zum Glück ist dieser Platz inzwischen wieder etwas belebter und man kann selten einzelne Personen fotografieren. Da sich dort aber eine Straßenbahnhaltestelle befindet, wartet mit etwas Glück eine einzelne Person vor dem Tor auf die Bahn. Besonders bei schlechtem Wetter. Daraus könnte eine Serie werden. Auch wenn mir keines der anderen Bilder so gut gefällt wie das der getarnten Dame.
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