Führende Linien durch Extremschneemassen!

Eine Story von Alexander Ganner
26.09.2023

In dieser Story

Vom Schneefall vor allem betroffen war die Region des Pustertals im Grenzgebiet zu Südtirol sowie das Lesachtal. Im Verlauf von etwa 48 Stunden fielen im Tal teils über 2,50 Meter Schnee. An sich sind in der Region solche Massen nichts Ungewöhnliches. Doch der Zeitraum, in welchem der Schnee fiel, war sehr gering.

Heimatbesuch:
Gerade in dieser Zeit in meinen Heimatort aufzubrechen, schien mir von Tirols Landeshauptstadt aus keine schlechte Idee zu sein. Dort herrschte Nieselregen und die Winterreifen waren ja schließlich schon montiert. Mit Allradantrieb ausgerüstet sollte dies also kein Problem darstellen, so meine Vermutung. Die apokalyptisch anmutenden Berichterstattungen über mein Reiseziel im Radio, während der normalerweise etwa 2 Stunden dauernden Autofahrt, beunruhigte mich zusehends, je näher ich meinem Ziel kam.

Laut Navi ist hier eine Straße:
Etwa 20 Kilometer vor meiner Ankunft staunte ich nicht schlecht, dass die gut ausgebaute Hauptdurchzugs-Bundesstraße (Freiland) nicht mehr als solche erkennbar war, Schneeblindheit als eine Begrifflichkeit des hochalpinen Bergsteigens seine Definition erweiterte und ich an einem Werktag neben Baggern und Räumfahrzeugen offensichtlich der einzige Verkehrsteilnehmer auf der ansonsten stark frequentierten Durchzugsstraße war. Der Asphalt der sonst etwa acht Meter breiten Straße war nicht mehr erkennbar, Begrenzungspflöcke sowie Straßenschilder ebenfalls nicht. Unter einem Flugdach einer Tankstelle montierte ich Schneeketten an allen vier Rädern, wobei trotz deren Montage nach der Ausfahrt unter dem Dach kein Weiterkommen mehr möglich war und ich dank Leihgabe der Tankstellenmitarbeiterin in Form einer Schaufel, nach etwa 30 Minuten schaufeln, die letzten 3 Kilometer nach Hause bewältigen konnte.

Stromausfall:
Dass Haushalte in Seitentälern des Puster-/Drautals im Zuge ergiebiger Schneefälle auch einmal für mehrere Stunden vom Stromnetz fallen, ist nichts Ungewöhnliches. Im Pustertal selbst ist dies jedoch auch im Winter kein alltägliches Phänomen, doch die enormen Schneemassen sorgten diesmal für einen Abschnitt vom Stromnetz auch in dieser Region. Die Gesamtsituation im Dorf stellte trotz oder gerade wegen der beschriebenen Einflüsse einen romantischen Charakter dar – eine entschleunigte Welt. Dank eines Brennholzofens und eines Stromgenerators (Danke, Aldi!) konnten die wichtigsten Bedürfnisse dennoch erfüllt werden. Ansonsten herrschte absolute Stille.

Das Foto:

Nach zwei Tagen und Nächten durchgehenden Schneefalls schien sich am späten Nachmittag des zweiten Tages das Wetter zu beruhigen und die letzten Niederschläge setzten aus. Manche Häuser in höhergelegenen Seitentälern konnten nur über den Balkon verlassen werden, hier im Tal jedoch war Dank Schneefräse ein herkömmlicher Zugang zu den Verkehrsstraßen möglich, wobei letztere aufgrund der Überlastung der Einsatzkräfte ebenfalls noch nicht vollständig geräumt werden konnten. Lediglich die Hauptdurchzugsstraße war „schneefrei“, als an jenem späten Nachmittag die Niederschläge nachließen und nach mehreren Tagen Dauerschneefall für einen Zeitraum von nur wenigen Minuten die Sonne durchbrach. Vom Balkon aus startete ich die Drohne und ahnte nicht, welch einmaliges Momentum ich hier festhalten würde. Insgesamt 9 Fotos, drei Weitwinkelaufnahmen jeweils als Belichtungsreihe zu einem vertikalen Panorama zusammengefügt, ergaben mein ungeplantes Zielfoto des Jahres. Aufgrund der noch verschneiten Gemeindestraßen, waren drei Führungslinien entstanden (einzige schneefreie Straße, ein Fluss, ein Bach), welche sich verjüngend zur Bildmitte hin zur durch die Wolken brechenden Spätnachmittagssonne vereinten und dem Bild so eine Tiefe verleihen, als wäre sie von vornherein abzubilden beabsichtigt gewesen.
Die (spärliche) Nachbearbeitung erfolgte erst Tage später. Mit einer solch beeindruckenden Aufnahme hatte ich schließlich selbst nicht gerechnet. Erst, als ich die jeweils drei HDR-Einzelaufnahmen zu einem Panorama stitchte, erkannte ich, was sich hier durch Zufall festhalten ließ.

Autor:in
Alexander Ganner
aus Tirol
Ich fotografiere rein hobbymäßig, hauptsächlich Landschaften.
Ich fotografiere rein hobbymäßig, hauptsächlich Landschaften.

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