Eiskalt erwischt

Im September 2021 war es endlich soweit und ich konnte mir einen langersehnten Traum erfüllen. Eine 2-wöchige Reise nach Island mit dem Plan, einmal um die Insel zu fahren. Zusammen mit einem Kumpel wurde also lange im Voraus geplant, was wir alles sehen wollen, wo wir stoppen und übernachten und wie das alles in unsere 2 Wochen reinpassen würde.

Was natürlich auch zur Planung dazugehörte war, die Frage, was nehme ich an Fotoequipment mit. Persönlich hatte ich nicht viel Auswahl, da meine Ausrüstung nicht so viel Aktuelles beinhaltet. Im Prinzip standen zwei Konfigurationen zur Auswahl.

1. Nikon D800 mit Nikkor 24-70mm f2.8, großes Manfrotto Stativ, großer Rucksack
2. Sony Alpha 6000 mit Sony 18-135mm, Samyang 12mm f2, kleinem Rollei Stativ und nur einem gepolsterten Einsatz für den großen Wanderrucksack

Ich habe mich dann aus Gewichtsgründen für die kleine Ausstattung entschieden. Daraus sind dann im Laufe der zwei Wochen über 5600 Fotos entstanden, bei denen ich mich schwer tat, sie zu sichten, auszusortieren und mich für die guten Bilder zu entscheiden.

Neben den vielen Touristenspots, die wir natürlich auch besuchen wollten, wenn wir schon einmal da sind, gab es viele individuelle Locations die wir besucht haben.

Dennoch hat es mir eine Location, die wahrscheinlich jeder Islandbesucher auf seinem Plan hat, besonders angetan. Der Diamond Beach, im Süden Islands.

Das Wetter war relativ schlecht aber es war kurzzeitig von oben trocken und so verbrachten wir den halben Nachmittag am Strand, der von Touristen übersäht war. Wir hatten das Glück, dass 2021 noch Corona-Zeit war und relativ wenig auf der Insel los war, dennoch tummelten sich hier besonders viele Menschen. Also mussten wir ein wenig weiter vom Parkplatz weglaufen um in einen Bereich zu kommen wo wir relativ ungestört waren.

Wer schon einmal an diesem Strand war, weiß dass es ein ganz besonderes Schauspiel ist, wenn die Eisbrocken aus der Gletscherlagune durch den Fluss ins offene Meer treiben und dann durch die Wellen wieder an den Strand gespült werden. Bis zum Eintreffen im Meer haben die Eisbrocken nicht viel vom Salzwasser abbekommen. Jetzt liegen die Brocken aber am Strand und bei jeder großen Welle, die sie erwischt, und wieder zurückfließt, bekommt das Eis viel Salzwasser ab. Das bringt die Brocken schnell zum schmelzen, was einmal optisch sichtbar wird, weil sie anfangen klar zu werden und auch akustisch hörbar ist, weil das Eis mit lautem Knacksen anfängt schneller zu schmelzen.

Uns blieb es Gott sei Dank erspart, aber es gab viele Touristen, die posierend neben den Eisbrocken standen und nicht sahen, dass von hinten eine große Welle kommt. Viele hat es sprichwörtlich eiskalt erwischt und sie wurden nass. Sehr lustig anzuschauen, obwohl es bei kälteren Temperaturen nicht gerade angenehm sein muss.

Also blieb ich etwas weiter von der Wasserlinie weg, platzierte mein Stativ mit der Kamera in Richtung Meer und schraubte einen Graufilter für Langzeitbelichtung auf das Objektiv. Der Grund für den Filter war, dass ich zwar schon viele tolle Motive im Kasten hatte, aber keines war dabei wo ich sagte, das würde ich mir an die Wand hängen.

Mit der Langzeitbelichtung spielte ich dann ein bisschen rum und versuchte Belichtungen von ein paar Sekunden bis hin zu mehreren Minuten. Und da packte es mich. Die Bilder strahlten so eine Ruhe aus, obwohl die Hauptdarsteller, das Eis und das Meer so eine Kraft und Unruhe hatten. Ich hatte einen Moment in dem ich total überwältigt war, weil es so schön anzusehen war. Ich hatte Tränen in den Augen, weil ich diesem Moment gerade nicht mit meiner zuhause gebliebenen Frau teilen konnte.

Wenn ich nun dieses Foto anschaue, erinnere ich mich immer wieder an die Geräuschhkulisse und an diese Situation.
Mein Reisebegleiter beschwerte sich immer wieder über das schlechte Wetter, aber gerade der trübe Himmel und das weiche Licht ermöglichten mir aus einer gewaltigen Szene ein ruhiges Bild zu zaubern, was an der Wohnzimmerwand eine gewisse Ruhe ausstrahlt. Ich hätte es nicht anders haben wollen.

Am nächsten Tag hatten wir nochmal die Gelegenheit an diesem Strand vorbeizuschauen und die Situation war ganz anders. Zwar war das Wetter immer noch schlecht, aber die Brocken, die heute am Strand lagen waren viel kleiner, teilweise nicht so filigran und ich war froh, dass ich so tolle Fotos bereits am Vortag gemacht hatte.

Ich werde sicherlich irgendwann mal wieder nach Island fahren und auch dann werde ich den Diamond Beach besuchen, allerdings werde ich die Situation, als das Foto entstanden ist, niemals vergessen.