Im Bergsport habe ich immer gesagt: Wer friert ist faul. Zu faul die warme Jacke einzupacken, zu faul den Taschenwärmer aufzuladen, zu faul den Wetterbericht richtig zu studieren. Das Wetter ist, wie es ist. Wenn ich damit nicht klar komme, dann bin ich schlecht vorbereitet.

Wir Fotografen werfen gerne mit dem “Die beste Kamera ist die, die man dabei hat” Spruch um uns. Häufig gefolgt von einem spöttischen “ein guter Fotograf macht auch mit einer schlechten Kamera gute Fotos”. Ja, tut er. Aber der gleiche Fotograf macht bessere Fotos, wenn er seine gute Ausrüstung dabei hat!

Abseits von Auftragsarbeiten und gezielten Fotoshootings muss man aber Kompromisse machen. Nicht auf jeden Spaziergang möchte ich die Nikon Z8 mitnehmen. Faul? Träge? Daher unsere (oder jedenfalls meine) Sehnsucht, nach einer wirklich guten Kamera für die Jackentasche. Eine Marktnische, die Fuji mit der X100V sehr gut bedient.

Die meisten Schnappschüsse sind für die Omas

Ich weiß nicht, wie du fotografierst, aber die meisten Fotos mache ich mit dem Handy für die Eltern-Whatsap-Gruppe. Die werden nie in größer als auf dem Handy angeschaut und sollen nur Momente einfangen. Mein iPhone kann den Hintergrund unscharf rechnen, manchmal mache ich das… einfach weil ich es kann. Natürlich wird das Foto dadurch nicht wirklich besser, aber zumindest sieht es ein wenig mehr wie ein “richtiges Foto” aus. Mehr oder weniger Oma-Likes gibt es dafür aber nicht.

Wenn du keine Kinder hast, wirst du wahrscheinlich viele Schnappschüsse für Facebook und Co. machen. Auch hier geht es einfach nur darum den Ort/Moment festzuhalten.

Machst du ein Foto oder fotografierst du?

Für mich ist der wesentliche Unterschied zwischen dem Handy und der Kamera die Art wie ich fotografiere. Sobald ich den Sucher ans Auge nehme, bekomme ich den Tunnelblick. Bin fast immer im Flow. Der Kopf ist abgeschaltet. Für ein paar Sekunden geht es nur noch um Bildkomposition, Licht und Interaktion mit dem Motiv. Keine Sorgen wegen der Buchhaltung, kein Ärgern über den Tesla, nur im hier und jetzt! Endorphine werden freigesetzt #körperDrogen

Sobald ich den Sucher ans Auge nehme, bekomme ich den Tunnelblick.

Deswegen fotografiere ich und deswegen werden KI und Roboter für mich nie das Fotografieren ersetzen. Eine Kamera ohne Sucher kann ein nützliches Werkzeug sein, aber sie könnte nie meine Lieblings-Kamera werden. Ohne Sucher keine Körperdrogen!

Ich versuche nicht faul zu sein

Mein Alltag ist langweilig. Normaler Familien-Beruf-Chaos-Alltag halt. Trotzdem fotografiere ich eigentlich jeden Tag. Kleinigkeiten aus dem Alltag halt. Gestern haben Frau und Kind in der Küche Kekse gebacken. Also habe ich mir die Q3 geschnappt, bin raus in den Nieselregen gegangen und habe durchs Fenster fotografiert. Familien-Idylle einfangen. Das erzähle ich hier, weil ich faul war und das Foto deswegen nichts geworden ist.

Auf der Fensterbank steht ein kleiner Kompost-Eimer, daneben eine große Schale mit Obst. Das sieht man auf dem Foto. Groß und dominant, dahinter klein die Mädels. Man sieht nicht, was sie da eigentlich machen und fragt sich, warum ich den Kompost-Eimer fotografiert habe. Sechs, setzen!

Ich war faul. Durch den Sucher ist mir das schon aufgefallen, aber ich war zu faul, reinzugehen, das wegzunehmen und noch mal rauszugehen. Später am Computer habe ich mich dann geärgert… und nehme mir vor, es beim nächsten Mal besser zu machen.

Die Moral von der Geschichte: Auch eine Leica rettet das Foto nicht, wenn der Fotograf sich keine Mühe gibt. Oder wie wir Fotografen sagen:

Fotografieren ist zu 20% Inspiration und zu 80% Möbel verschieben.