Der Ultimative Guide zum Thema Freistellen in der Fotografie

Wie bekommt man einen unscharfen Hintergrund?

Kann man mit einem 24mm Objektiv genauso gut freistellen, wie mit einem 200mm Tele? Lohnt sich ein Objektiv der Lichtstärke F1.4 überhaupt? Und wie genau macht man das mit dem unscharfen Hintergrund? All das erfährst Du in diesem Beitrag.

Wie bekommt man einen unscharfen Hintergrund – Was bedeutet Freistellen?

Wenn Fotografen von “freistellen” sprechen, dann meinen sie einen unscharfen Hintergrund. Das Foto zeigt den Unterschied. Hier wurde ein 50mm Objektiv an Vollformat verwendet und mit Hilfe der Blende ein unscharfer Hintergrund erzeugt.

Blendenvergleich Freistellen BokehBlendenvergleich Freistellen Bokeh

Um einen unscharfen Hintergrund zu bekommen muss man entweder die Blende öffnen (kleine Zahl) oder nah herangehen. Im Folgenden zeige ich die Unterschiede.

Probier es selbst aus! Perfekte Gelegenheit für einen Foto-Laber-Abend mit einem Foto-Kumpel.

Eine offene Blende sorgt für einen unscharfen Hintergrund

Je offener die Blende (kleinere Zahl), desto unschärfer ist der Hintergrund. Bereits ein Unterschied von F4 und F1.8 sieht man sehr deutlich.

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Der Abstand zum Model ist bei Portraits entscheidend

Der folgende Vergleich zeigt den Unterschied. Wenn sich unser Model Heidi von der Kamera entfernt, dann ist der Hintergrund weniger unscharf – weniger freigestellt. Der eigentliche Bildausschnitt ändert sich aber nicht.

Dieser Fall ist sehr praxisrelevant und dürfte bei Fotografie-Einsteigern zu vielen “Problemen” führen. Als Einsteiger traut man sich meist nicht nah an eine Person heran. Hier kann eine grössere Brennweite helfen (Tele statt Weitwinkel). Erfahrene Fotografen trauen sich eher einer Person die Kamera “voll ins Gesicht zu halten”.

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Auch der Abstand zum Hintergrund hat einen starken Einfluss. Bei diesem Foto sind Heidi UND ich näher an den Hintergrund gegangen. Dadurch ändert sich der Bildausschnitt, es ist weniger Hintergrund zu sehen. Und er ist weniger freigestellt.

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Kann man auch mit einem Weitwinkel-Objektiv den Hintergrund unscharf machen?

Quizzfrage: Kann man mit einem 24mm Objektiv genauso stark freistellen, wie mit einem 200mm Objektiv? Die Antwort ist überraschend schwierig nachzuweisen, vielleicht wird das Thema deswegen so häufig und temperamentvoll diskutiert. Die kurze Antwort: Ja, man kann ähnlich freistellen, aber nur theoretisch. Praktisch eher nicht. Let me explain…

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Die Vergleichsfotos sind mit 200 und 24mm an Vollformat mit jeweils Blende 2.8 aufgenommen worden. Wenn man genau hinschaut, dann sieht man, dass der Schriftzug “ZIELFOTO” im Hintergrund ähnlich unscharf ist. Der Bildausschnitt ist aber sehr anders und das Gesicht von Heidi ist verzerrt bei der Weitwinkelaufnahme. In der Praxis sind das zwei sehr unterschiedliche Fotos, die man so wohl nicht gleichwertig verwenden würde.

Praxistipp: Bei Weitwinkel würde ich eher einen Schritt nach hinten gehen und die Blende weiter aufmachen (falls möglich). Dann wäre der Hintergrund auch wieder unscharf und das Gesicht nicht verzerrt.

Kann man mit einer APS-C Kamera einen unscharfen Hintergrund bekommen?

Die kurze Antwort: Ja, natürlich! Die lange Antwort: Aber nicht so einfach. Das folgende Foto wurde mit der Sony A6400 und dem Sigma 30mm aufgenommen. Das entspricht ungefähr einem 45mm F2.0. Man sieht: Ja, man kann freistellen. Aber halt nur ungefähr so, wie mit einem 50mm F1.8. Um an die oben gezeigten 50mm mit F1.4 heranzukommen bräuchte man ein 35mm F0,9 und davon gibt es nicht allzuviele.

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Das folgende Video erläutert noch mal die Zusammenhänge zwischen APS-C und Vollformat.

APS-C vs. Vollformat erklärt

Lohnt es sich ein F1.4 Objektiv zu kaufen?

Viele Objektive gibt es in einer F1.8 und einer F1.4 Variante (oder 2.0 oder 1.2) und es stellt sich die Frage, ob sich das lohnt. Das folgende Bild zeigt den Unterschied am Beispiel von 50mm an Vollformat. An den Lampen sieht man die Auswirkungen. Der Unterschied ist den hohen Aufpreis wohl kaum wert. Meist bietet das lichtstärkere Objektiv aber auch das schönere Bokeh und DAS ist dann evtl. durchaus den Aufpreis wert!

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Das nächste Video erklärt noch mal ausführlich das Thema Bokeh.

Fazit

Es sollte klar sein: Ein unscharfer Hintergrund macht noch kein schönes oder interessantes Foto. Wahrscheinlich durchläuft jeder Fotograf diese Phase, in der er das erste Mal mit einem lichtstarken Objektiv (meist 50 oder 85 mm) fotografiert, einen unscharfen Hintergrund bekommt und denkt er könne jetzt “gut fotografieren”. Das beruhigende ist: Das vergeht wieder. Irgendwann merkt man dann, dass der Inhalt vom Foto wichtiger ist als die Freistellung.

Nichts desto trotz liebe ich es, eine leichte(!) Unschärfe in den Hintergrund zu legen. Bei meinen Videos im Studio filme ich meistens auf 24mm bei Blende 2.2. Dadurch ist der Hintergrund leicht unscharf, der Fokus entsprechend stark auf mich gelegt, aber man erkennt auch noch, dass ich in einem “Wohnzimmer” sitze. In Wirklichkeit ist es allerdings ein Raum in einer Lagerhalle und nicht mein Wohnzimmer. Alles Fake bei den Influencer-Typen! 🙂

Zusammenfassung: Um einen unscharfen Hintergrund in Deinen Fotos zu haben solltest Du im A-Modus fotografieren und die kleinste Blendenzahl einstellen. Das Model sollte möglichst weit vom Hintergrund entfernt sein und Du möglichst nah dran.

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Stephan Wiesner
24.01.2023
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