Seidenstraße

Eine Story von Felix_Röser
21.01.2025

In dieser Story

Auf Spurensuche

Es ist ein kalter, verregneter Samstag Nachmittag als ich nach Locations für meine kommende Tour recherchiere. In einem Forum stolpere ich über das Foto einer alten Industrieanlage. Auf den ersten Blick verstehe ich nicht so wirklich was genau ich da sehe. Einen großen Raum, Industrieleuchten an der Decke und an den Seiten ziehen sich seltsame Gerätschaften in die Ferne. Ich bin sofort fasziniert und versuche mehr über das Gesehene in Erfahrung zu bringen. Nach ein bisschen hin und her und der Nutzung von Google-Translate verstehe ich, dass es sich um eine alte Seidenspinnerei handeln muss.
Ich muss wissen wo das ist!
Über verschiedene Onlinearchive kann ich den Standort eingrenzen und checke immer wieder die Sattelitenfotos auf Googlemaps. Und unglaublich aber war, ich hatte bereits vor mehreren Jahren das Gebäude als potenziell interessant markiert. Ich steige noch ein bisschen tiefer in die Geschichte ein und finde tatsächlich alte Archivfotos, aus der Zeit als die Spinnerei noch aktiv war. Ich vergleiche die Fotos mit denen aus dem Forum und stelle fest, das steht alles noch genauso wie damals. Unglaublich! Sofort habe ich einen kleinen Adrenalinschub und reibe mir die Hände voller Vorfreude.

Ab durch die Hecke

Eigentlich bin ich mit meinem Kumpel Stefan in den Dolomiten unterwegs, da aber an diesem Tag nur wolkenloser Himmel gemeldet ist, entscheiden wir uns kurzer Hand dafür unser Glück bei den Lost Places, die wir recherchiert hatten, zu versuchen.
Einige Zeit später stehen wir mit dem Camper in dem kleinen Dorf und versuchen die Lage zu sondieren. Das große Eingangstor aufs Gelände ist verschlossen und die Zufahrt sieht nicht wirklich frequentiert aus. Gute Vorzeichen, aber über das Tor steigen geht keinesfalls ungesehen. Also Auto weiter weg parken und einen Eingang auf der Rückseite suchen. Wir müssen nicht lange suchen und finden einen kleinen Trampelpfad durchs Unterholz. Die Sonne scheint, aber die kalte Winterluft lässt unseren Atem in der Sonne glitzern.
Nach einigem kriechen durch Brombeergestrüpp und enge Durchlässe stehen wir wieder vor einem etwa 2,50m hohem, stachelbesetztem, eisernen Tor. Na toll. Also Rucksäcke runter und Einer nach dem Anderen über das Tor. Uns fällt schon im Vorfeld auf, dass nirgends die sonst allgegenwärtigen Schilder mit Sätzen wie: “Proprieta privata” oder “Vietato l’accesso” angebracht sind. Das fühlt sich immer ein wenig beruhigend an.

Reise ins Industriezeitalter Italiens

Hinter dem Tor angelangt müssen wir nur noch durch ein kleines Fenster schlüpfen. Bei dem Versuch mit einem Fuß voran durch das Fenster zu steigen, muss ich leider feststellen, dass ich zu klein bin um, festen Halt auf der andere Seite zu haben und klemme mir gehörig die Weichteile. Ich muss unwillkürlich quieken und Stefan gemahnt mich mit panischem Gesicht still zu sein und hilft mir durch das Fenster.
Als der Schmerz nachlässt schaue ich mich um und bin vollkommen sprachlos. Vor uns baut sich eine langgezogene Halle auf, mit halbrunden, riesigen Fenstern, die die Morgensonne zwischen Brombeerranken in die Halle scheinen lassen. Links und Rechts ziehen sich verrostete, mit Spinnweben überzogene Maschinen in die tiefe des Raums. Was für eine unglaubliche Zeitkapsel. Bei genauerem Hinsehen entdecken wir sogar eine Menge an Seidenkokons, die seit den mehr als 50Jahren seit der Schließung der Spinnerei immer zwischen den Geräten liegen und darauf warten verarbeitet zu werden.
Die Geräusche des erwachenden Dorfes dringen durch die Fenster und hallen gespenstisch durch das Gebäude. Einst muss es hier sehr voll gewesen sein, wenn man sich die schiere Menge an Arbeitsplätzen ansieht. Unsere Schritte wirbeln die dicke Staubschicht am Boden auf und lassen die Partikel in der Sonne glitzern und kreieren unglaubliche Lichtstrahlen zwischen den alten Maschinen. Wir sind im Lost Places Paradies gelandet.
Insgesamt verbringen wir zwei Stunden in der Halle und lassen uns von unserem Entdeckerdrang berauschen. Wir versuchen zu verstehen, wie das alles funktioniert haben muss. Manchmal kommen wir uns vor wie Archäologen, die eine vergessene Zivilisation entdeckt haben.
Als wir wieder draußen sind können wir unser Glück kaum fassen. So einen gut erhaltenen Lost Place entdeckt man selten.
Berauscht von dem erlebten schmieden wir dann gleich die nächsten Pläne und genießen die warme Wintersonne!

 

Weitere Bilder

 

 

Autor:in
Felix_Röser
Freiberuflicher Landschaftsfotograf aus Bamberg
Hi, ich bin Felix.

Seit 2012 arbeite ich als freiberuflicher Werbe- und Landschaftsfotograf, Bildbearbeiter, Locationscout, aber auch als Hochzeitsfotograf im Raum Nürnberg.
Hi, ich bin Felix.

Seit 2012 arbeite ich als freiberuflicher Werbe- und Landschaftsfotograf, Bildbearbeiter, Locationscout, aber auch als Hochzeitsfotograf im Raum Nürnberg.

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Diskussionsbeiträge (1)

21.01.2025, 12:23 Uhr
Ludwig W.
21.01.2025, 12:23 Uhr

Hi Felix,

Tolles Bild das dir da gelungen ist. Der ganze Aufwand hat sich wirklich gelohnt. Das Foto versetzt einen quasi in eine ganz andere Zeitepoche.

Viele Grüße

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