Die Ästhetik des Monströsen
In dieser Story




Aufgewachsen im rheinischen Braunkohlenrevier sind Tagebaue und Braunkohlekraftwerke eigentlich nichts Besonderes für mich, wenn man in unmittelbarer Nähe davon lebt und durch den eigenen Garten die Abbruchkante eines vor Jahrzehnten wieder aufgefüllten Tagebaus verläuft.
Aus fotografischer Sicht reizt mich aber hin und wieder die Herausforderung, sich diesem Thema zu nähern. Als in den ersten Februartagen 2025 das Wetter einige Zeit lang stabil kalt, trocken und sonnig war, resultierte das in einem grandiosen Farbenspiel am Himmel kurz nach Sonnenuntergang, wie man es so eigentlich nur im Winter erlebt. Unbedingt wollte ich diesen Himmel fotografisch nutzen, fehlte nur noch die Landschaft darunter. Und da kam mir die Idee, dieses wunderschöne ästhetische Naturschauspiel einerseits mit der monströsen Hässlichkeit der Tagebau Landschaft einschließlich dem dazugehörigen Braunkohlekraftwerk andererseits in Szene zu setzen. Bereits im Kopf visualisierte ich die Idee einer weiten Panoramaaufnahme, um das Ausmaß des Tagebaus zu zeigen.
Ungefähr eine Stunde vor Sonnenuntergang war ich an der Ostseite des Tagebaus Inden, da ich wusste, dass es an dieser Seite mindestens 2 Aussichtspunkte Richtung Westen und somit prinzipiell geeignete Standorte gibt. Der Tagebau Inden ist der kleinste der 3 Tagebaue im rheinischen Braunkohlerevier und liegt westlich des in den letzten Jahren bundesweit bekannt gewordenen Tagebaus Hambach. Die Braunkohle in Inden ist weitestgehend abgebaut und 2030 ist der Tagebau ausgekohlt. Danach wird er mit einer über extra gebaute Leitungen mit Wasser aus dem Rhein gefüllt uns es soll ein riesiger Tagebaurestsee entstehen.
Ich entschied mich für den etwas weiter nördlich gelegenen Aussichtspunkt in Schophoven, da hier beinahe unmittelbar vor dem Aussichtspunkt ein Absetzbagger (die sind für die Wiederverfüllung, nicht für den Abbau zuständig) fotografisch günstig positioniert war. Kurz vor Sonnenuntergang, als die Sonne den Horizont berührte, konnte ich eine Aufnahme mit einem Sonnenstern hinter dem Kraftwerk Weisweiler realisieren. Neben der eigentlichen Panorama-Aufnahme machte ich noch einige Detailaufnahmen mit dem 100-400er Telezoom an meiner Nikon Z8 vom Bagger und eine “making-of” Aufnahme mit der Fuji X100VI.
Für die eigentliche Panoramaaufnahme wartete ich bis nach Sonnenuntergang. Am linken Bildrand sowie rechts vom Kraftwerk im Tagebau erkennen wir in der Ferne 3 Schaufelradbagger und zwischen den beiden linken Auslegern des Baggers im Vordergrund sowie ganz am rechten Bildrand jeweils einen weiteren Absetzen. Am Boden des bis zu 230m tiefen Tagebaus reflektieren Wasserflächen den Himmel. Das Kraftwerk im Hintergrund ist ca. 7km entfernt.
Diskussionsbeiträge (3)
Bewegende Story und tolle Bilder. Gefällt mir außerordentlich gut!
Hallo Holger,
Schönes Foto mit hohem Konstrast zwischen "Schönheit des Himmels" und "der Verwüstung des Tagebaus".
Sowas sollte wirklich nicht gefördert werden.
Viele Grüße
Lieber Holger,
deine Story hat mich tief beeindruckt. Du schaffst es, die Wucht dieser industriellen Landschaften mit einer fast surrealen Schönheit zu verbinden. Besonders der Kontrast zwischen der harten Realität des Tagebaus und den faszinierenden Himmelsfarben macht deine Bilder so kraftvoll und nachdenklich zugleich. Deine Perspektive regt dazu an, die Dinge anders zu sehen – genau das macht großartige Fotografie aus. Danke für diese eindrucksvolle Arbeit!